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Abfindungsansprüche eines Gesellschafters in der Insolvenz

Im Fall des Ausscheidens aus einer Gesellschaft hat der Ausscheidende grundsätzlich Anspruch auf eine Abfindung in Höhe des Verkehrswerts seiner Beteiligung. In einem aktuellen Urteil hatte der BGH zu entscheiden, wie ein noch nicht ausbezahlter Abfindungsanspruch im Falle einer Insolvenz zu behandeln ist.

Grundsatz zur Fälligkeit von Abfindungen

Grundsätzlich ist der Anspruch auf Abfindung mit Wirksamkeit des Ausscheidens zur Zahlung fällig. Gesellschaftsverträge sehen jedoch regelmäßig Beschränkungen nicht nur der Höhe des Anspruchs, sondern auch der Auszahlungsmodalitäten vor, um die Liquiditätsbelastung für die Gesellschaft gering zu halten. Ratenzahlungs- und Stundungsregelungen sind prinzipiell zulässig, solange das Abfindungsinteresse des Ausscheidenden nicht unangemessen beeinträchtigt wird. Auszahlungszeiträume von bis zu fünf Jahren sind nach derzeitiger Rechtsprechung unproblematisch, Zeiträume von zehn Jahren und mehr dagegen regelmäßig unwirksam. Bei Zeiträumen dazwischen kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.

Was gilt bei späterer Insolvenz der Gesellschaft?

Bislang war umstritten, wie der noch nicht befriedigte Abfindungsanspruch im Fall der Insolvenz der Gesellschaft einzustufen ist. Diese Unklarheit hat der BGH nun mit Urteil vom 28.1.2020 (Az.: IX ZR 10/19) zuungunsten des ehemaligen Gesellschafters beseitigt: Der Anspruch kann weder als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden noch stellt er eine nachrangige Forderung i.S. von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO dar (Gesellschafterdarlehen). Er wird also erst bei einer etwaigen Schlussverteilung anteilig bedient – wenn alle Insolvenzgläubiger befriedigt sind – und damit in aller Regel wertlos sein.

Das Gericht begründet dies mit der fortgeltenden Bindung an die Haftungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften, die einer Auszahlung entgegenstehen, jedenfalls bei einer GmbH und einer GmbH & Co. KG (wie im Urteilsfall). Dies gilt auch dann, wenn die Abfindung zum Zeitpunkt des Ausscheidens und auch noch ein Jahr danach aus dem freien Vermögen der Gesellschaft hätte geleistet werden können.

Rückgriff gegenüber verbliebenen Gesellschaftern?

Nach der Rechtsprechung des BGH kommt prinzipiell eine persönliche Haftung der in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter für den Abfindungsanspruch des Ausgeschiedenen in Betracht. Dies setzt allerdings ein treuwidriges Verhalten der Verbliebenen voraus. Die bloße Vermögensverschlechterung mit anschließender Insolvenzeröffnung reicht dafür nicht aus. Wenn nicht ausnahmsweise eine treuwidrige Verzögerung der Insolvenzantragstellung vorliegt, geht der Ausscheidende somit auch hier leer aus.

Empfehlung: Ein ausscheidenswilliger Gesellschafter sollte daher in Erwägung ziehen, ob nicht auch ein Verkauf der Beteiligung an die übrigen Gesellschafter in Betracht kommt. In diesem Verhältnis gelten keine Kapitalerhaltungsregelungen und eine Sicherung der Ansprüche wäre möglicherweise besser darstellbar.

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