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Abgrenzung zwischen GbR und OHG und deren Bedeutung für das Wettbewerbsverbot und einen Gesellschafterausschluss

Urteile des OLG München vom 19.01.2022 (Az.: 7 U 2659/20 und Az.: 7 U 3250/20

Allgemeines

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist die Grundform der Personengesellschaften. Sie unterscheidet sich von der offenen Handelsgesellschaft (OHG) dadurch, dass sie kein Handelsgewerbe betreibt. Bei der GbR streben die Gesellschafter einen gemeinsamen Zweck an, an dessen Inhalt grds. keine hohen Anforderungen gestellt werden. Ist der gemeinsame Zweck allerdings auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet, so liegt keine GbR, sondern eine OHG vor. Dabei kommt es für die Beurteilung, ob ein Handelsgewerbe vorliegt oder nicht, nicht auf die Einschätzung der Gesellschafter, sondern auf eine objektive Betrachtung an.

Begriff des Handelsgewerbes

Gemäß § 1 Abs. 2 HGB ist Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, Art oder Umfang des Unternehmens erfordern keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Liegt ein Gewerbe vor, so wird mithin auch vermutet, dass dies ein Handelsgewerbe ist. Damit obliegt dem Gewerbetreibenden grundsätzlich auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Handelsgewerbe vorliegt.

Ein Handelsgewerbe setzt voraus, dass zum einen überhaupt ein Gewerbe besteht und zum anderen, dass dieses Gewerbe auch als Handelsgewerbe behandelt wird.

Ein Gewerbe ist eine planmäßige, auf Dauer angelegte, selbstständige Tätigkeit, welche auf eine wirtschaftliche Tätigkeit am Markt ausgerichtet, aber nicht freiberuflicher, wissenschaftlicher oder künstlerischer Art ist.

Ob das Gewerbe auch als Handelsgewerbe zu behandeln ist, hängt davon ab, ob die Art und der Umfang des Unternehmens einen kaufmännischen Betrieb erfordern. Dies ist auf der Basis einer Gesamtschau der den Betrieb kennzeichnenden Umstände zu beurteilen. Als solche kommen insbesondere die Beschäftigtenzahl, die Tätigkeitsart, die Buchführung, der Umsatz, das Anlage- und Betriebskapital, die Verbindlichkeiten, die Leistungsvielfalt sowie die Zahl der Geschäftsbeziehungen und Kreditaufnahmen in Betracht. Diese in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Kriterien bestätigte das OLG München noch einmal in seinen zwei Urteilen vom 19.01.2022 (Az.: 7 U 2659/20 und Az.: 7 U 3250/20).

In den vom OLG München zu entscheidenden Fällen ging es um den Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft sowie die Verletzung eines Wettbewerbsverbotes. Die Gesellschaftsform war zwischen den Gesellschaftern streitig, wobei die streitgegenständliche Gesellschaft nur aus dem Kläger und dem Beklagten bestand. Die Gesellschaft war nicht im Handelsregister eingetragen und es gab keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag. Der Zweck der Gesellschaft lag in der Vermietung eines ehemaligen Naturfreundehauses als Veranstaltungslokal. Zwischen den Gesellschaftern bestanden Streitigkeiten, weil der Beklagte als Alleingesellschafter und -geschäftsführer in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Naturfreundehaus selbst eine angemietete Blockhütte betrieb, die er zur Anmietung als Eventlokal anbot.

In Anwendung der oben genannten Kriterien entschied das OLG München, dass es sich bei der klagenden Partei nicht um eine OHG, sondern vielmehr um eine GbR handele. Insbesondere sprach der Jahresumsatz der streitgegenständlichen Gesellschaft, der in besten Zeiten bei EUR 163.000,00 lag sowie der Umstand, dass die Gesellschaft außer den Gesellschaftern kein festes Personal hatte und auch keine Bankdarlehen in Anspruch nahm sowie das relativ überschaubare Leistungsangebot der Gesellschaft, eher gegen das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung und damit gegen das Vorliegen einer OHG.  

Bedeutung für das Wettbewerbsverbot und einen Gesellschafterausschluss

Das OLG München (Az.: 7 U 2659/20) stellte klar, dass § 112 HGB, welcher das Verbot eines OHG-Gesellschafters mit der Gesellschaft in Wettbewerb zu treten zum Gegenstand hat, für die GbR nicht gelte. Ansprüche der GbR gegen ihre Gesellschafter auf Unterlassung von Wettbewerb können nach Ansicht des OLG München nur aus der allgemeinen gesellschaftlichen Treuepflicht folgen. Das OLG München entschied, dass der GbR Unterlassungsansprüche gegen ihre Wettbewerb treibenden Gesellschafter nur unter dem Gesichtspunkt der Geschäftschancenlehre zustehen könne. Hiernach genüge eine schlichte Konkurrenztätigkeit eines Gesellschafters nicht zur Begründung eines Unterlassungsanspruchs. Ein zur Geschäftsführung befugter Gesellschafter dürfe aber nicht Geschäftschancen aus dem Geschäftsbereich der Gesellschaft an sich ziehen, die der Gesellschaft aufgrund bestimmter Umstände bereits zugeordnet sind, etwa wenn der Gesellschafter auf Seiten der Gesellschaft bereits Vertragsverhandlungen geführt hat. Dem Beklagten wurde daher im zu entscheidenden Fall untersagt, an die Klägerin gerichtete Buchungsanfragen für sich selbst zu verwenden.

Das OLG München (Az.: 7 U 3250/20) entschied ferner, dass der Beklagte nicht durch Gerichtsurteil gemäß § 140 HGB aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden könne. § 140 HGB ermöglicht den gerichtlichen Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Das OLG München stellte allerdings auch klar, dass die Ausschlussklage nach § 140 HGB nur bei der OHG und den übrigen Personenhandelsgesellschaften Anwendung finde. Bei der GbR gäbe es eine vergleichbare Vorschrift nicht. Dort erfolge der Ausschluss eines Gesellschafters nach § 737 BGB und zwar durch Beschluss der übrigen Gesellschafter und dessen Mitteilung an den Ausgeschlossenen.

Hinweis

Die Urteile des OLG München bestätigen einmal mehr die besondere Bedeutung einer klaren Abgrenzung zwischen der GbR und der OHG im Falle von Gesellschafterstreitigkeiten. Ein wesentlicher Anhaltspunkt bei der Abgrenzung ist der Jahresumsatz eines Unternehmens. Ab einem Jahresumsatz von EUR 250.000,00 ist in der Regel von einer OHG auszugehen.

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