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Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Bewertung sowie die Fremdwährungsumrechnung bei Kundenforderungen

Die meisten Unternehmen werden in den nächsten Wochen und Monaten ihren ersten Jahresabschluss nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 aufstellen. Da dieses Ereignis als wertbegründend anzusehen ist, hat es im Regelfall erstmals bedeutenden Einfluss auf die Jahresabschlüsse. Diesbezüglich ist eine der wesentlichen Fragestellungen, wie Forderungen gegenüber von dem Krieg betroffenen Geschäftspartnern, zu bewerten sind. Sofern Forderungen auf Rubel lauten, stellt sich zudem die Frage der zutreffenden Währungsumrechnung.

Kommt es aufgrund des Krieges beim Schuldner zu Liquiditätsengpässen, steigt das Risiko der Nichterfüllung der Forderungen über das allgemeine Kreditrisiko hinaus. Für das bilanzierende Unternehmen entsteht hieraus die Notwendigkeit, sich intensiv mit der Werthaltigkeit der einzelnen Forderungen auseinanderzusetzen. Sofern der beizulegende Wert der Forderung am Bilanzstichtag unter dem Wert bei Einbuchung bzw. dem Buchwert des Vorjahres liegt, ist diese nach dem strengen Niederstwertprinzip zum niedrigeren beizulegenden Wert anzusetzen. Der beizulegende Wert von Forderungen ergibt sich durch die Schätzung des Geldbetrags, der dem Unternehmen wahrscheinlich zufließen wird. Dabei ist sowohl die Zahlungsfähigkeit als auch der Zahlungswille bzw. die Zahlungsmöglichkeit des Schuldners zu berücksichtigen. Dieser Schätzung wohnt immer eine gewisse Unsicherheit inne; unter den aktuellen Umständen ist diese allerdings deutlich gestiegen. Daher ist eine detaillierte Dokumentation der vorgenommenen Überlegungen zu empfehlen. So wird sichergestellt, dass die Bewertung der Forderungen auch zu einem späteren Zeitpunkt noch nachvollzogen werden kann.

Handelt es sich bei den Forderungen um Fremdwährungspositionen, ergeben sich Besonderheiten für die Währungsumrechnung, da seit März 2022 von der EZB oder der Deutschen Bundesbank keine Kurse für den Rubel mehr bereitgestellt werden. Derzeit kann für die Umrechnung lediglich auf inoffizielle oder Graumarktkurse zurückgegriffen werden. Liegen voneinander abweichende Wechsel- oder Graumarktkurse vor erscheint es sachgerecht, aus Vereinfachungsgründen und im Hinblick auf das Vorsichtsprinzip denjenigen Wechselkurs zu verwenden, der zu dem geringeren Wertansatz führt.

Im Rahmen der Erstellung des Anhangs ist zu berücksichtigen, dass die Angabe zur Umrechnung von Fremdwährungsposten gegebenenfalls anzupassen ist (§§ 284 Abs. 2 Nr. 1, 313 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HGB).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die nunmehr erforderlichen Überlegungen zur Bewertung von Forderungen grundsätzlich nicht von den bekannten Überlegungen unterscheiden. Allerdings kann die Informationsbeschaffung als schwieriger eingeschätzt werden. In Kombination mit der erhöhten Unsicherheit ergibt sich eine verstärkte Schätzunsicherheit, der durch eine umfangreichere Dokumentation Rechnung getragen werden sollte.

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