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Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Bewertung von Vorräten

Die meisten Unternehmen werden in den nächsten Wochen und Monaten ihren ersten Jahresabschluss nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 aufstellen. Da dieses Ereignis als wertbegründend anzusehen ist, hat es im Regelfall erstmals bedeutenden Einfluss auf die Jahresabschlüsse. Diesbezüglich ist eine der wesentlichen Fragestellungen, welche Folgen sich hieraus für die Bewertung von Vorräten ergeben.

Sofern in der Vergangenheit Artikel aus der Kriegsregion bezogen wurden, sind nunmehr andere Lieferanten zu beauftragen. Hieraus werden im Regelfall in Verbindung mit den indirekten Folgen des Ukraine-Krieges (insb. Energiekostenexplosion und Inflation) erhebliche Steigerungen der Beschaffungskosten erwachsen. Folglich hat das gewählte Bewertungsverfahren (z. B. Lifo- vs. Durchschnittsbewertung) in der Übergangsphase erhebliche Auswirkungen auf die bilanzierten Anschaffungskosten.

Werden Unternehmen aufgrund der aktuellen Situation nicht rechtzeitig mit Produktionsmitteln beliefert, können Engpässe in der Produktion entstehen und infolgedessen Anlagen nicht voll ausgelastet werden. In die Herstellungskosten dürfen aber nur angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten sowie der Abschreibungen einfließen. Aus der Unterauslastung oder Stilllegung der Anlagen erwachsende Gemeinkosten sind aber gerade nicht angemessen und stellen somit keine Herstellungskosten dar. Es handelt sich vielmehr um Leerkosten, die unmittelbar als Aufwand zu erfassen sind.

Die Krise führt dazu, dass einzelne Produkte gar nicht mehr oder nur zu einem geringeren Preis veräußert werden können. In diesen Fällen muss sich das bilanzierende Unternehmen mit der Notwendigkeit von Abschreibungen auf diese Vorräte auseinandersetzen. Gemäß dem strengen Niederstwertprinzip sind Vorräte zum niedrigeren beizulegenden Wert anzusetzen, sofern dieser am Bilanzstichtag unter dem letzten Buchwert liegt. Sofern für absatzmarktorientierte Vorräte (unfertige und fertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen und Waren) kein Börsen- oder Marktpreis vorliegt, ist hierfür auf den voraussichtlich erzielbaren Veräußerungserlös abzustellen. Dieser (ggf. abzüglich Erlösschmälerungen) ist dem letzten Buchwert des Vermögensgegenstandes zzgl. der noch bis zum Veräußerungszeitpunkt anfallenden Kosten gegenüberzustellen. Ggf. ist dann in Höhe der Differenz eine Abschreibung vorzunehmen. Können über diese Abschreibung nicht alle zu erwartenden Verluste vollständig antizipiert werden, ist für den überschießenden Betrag eine Drohverlustrückstellung zu bilden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei der nächsten Jahresabschlusserstellung weitergehende Überlegungen insb. zur Ermittlung der Herstellungskosten sowie zur Notwendigkeit von Abschreibungen auf das Vorratsvermögen notwendig sein können.  

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