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Auswirkungen und Konsequenzen für Betreiber von Ladeinfrastruktur für E-Mobilität nach der Einführung von § 6b Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 und § 7c EnWG

Die Novellierung des EnWG im Jahr 2021 hat einige wichtige Regelungen für die Betreiber von Elektrizitätsverteilungsnetzen geschaffen. Diese Regelungen sind für die Betreiber von Elektrizitätsverteilungsnetzen heute hoch aktuell. Ihre rechtlichen und operativen Auswirkungen bedeuten einen erheblichen Einschnitt in ihre bisherige Praxis im Bereich Ladeinfrastruktur. Betreiber von Elektrizitätsverteilungsnetzen müssen sich mit Blick auf die praktischen Konsequenzen der neuen EnWG Regelungen mit ihren Pflichten vertraut machen und entsprechende Vorkehrungen treffen.

Inhalt der Neuregelung

Mit den Neuregelungen hat der deutsche Gesetzgeber die europäische Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie aus dem Jahr 2019 umgesetzt. Die deutschen Regelungen traten am 27. Juli 2021 in Kraft. § 6b Abs. 3 EnWG verpflichtet bestimmte Unternehmen zur Kontentrennung und – separaten – Aufstellung von Tätigkeitsabschlüssen für Entwicklung, Verwaltung oder den Betrieb von Ladepunkten für Elektromobile. §7c EnWG bestimmt, in welchem Rahmen Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen im Geschäftsfeld Ladeinfrastruktur für Elektromobilität agieren dürfen.

Folgen und praktische Anwendung

Kontentrennung und Tätigkeitsabschlüsse
Nach § 6b Abs. 3 EnWG müssen die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen bei Entwicklung, Verwaltung oder Betrieb von Ladepunkten für Elektromobile die Vorschriften über die Kontentrennung beachten und einen gesonderten Tätigkeitsabschluss aufstellen. Die Regelung findet erstmals Anwendung auf Jahresabschlüsse und Tätigkeitsabschlüsse für das nach dem 31. Dezember 2020 beginnende Geschäftsjahr und greift somit für Abschlüsse, die das Geschäftsjahr 2021 betreffen.

Betroffen sind Ladepunkte, die bereits vor dem 21. Juli 2021 entwickelt, verwaltet oder betrieben wurden sowie Ladepunkte mit Genehmigung der BNetzA nach § 7c Abs. 2 EnWG. Private Ladepunkte, die für den Eigengebrauch des Netzbetreibers bestimmt sind, unterliegen nicht der Verpflichtung zur Aufstellung von Tätigkeitsabschlüssen.

Entflechtungsvorgaben und Ausnahmen davon
Mit § 7c Abs. 1 EnWG wurde ein umfassendes Verbot für Netzbetreiber im Bereich Entwicklung, Verwaltung oder Betrieb von Ladepunkten für Elektromobile eingeführt. Auch dürfen Netzbetreiber nicht Eigentümer solcher Ladepunkte sein. Nicht reguliert werden Ladepunkte für Elektromobile, die für den Eigengebrauch des Betreibers von Elektrizitätsverteilernetzen bestimmt sind.

Abweichend vom Regeltatbestand hat der Gesetzgeber in § 7c Abs. 2 und 3 EnWG die aktuellen Gegebenheiten bei der Entwicklung der Ladeinfrastruktur berücksichtigt und einige Ausnahmen zugelassen. Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen dürfen danach in ihrem Netzgebiet Eigentümer von Ladepunkten für Elektromobile sein bzw. diese halten, entwickeln, verwalten oder betreiben, wenn bei der Durchführung eines offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibungsverfahrens durch eine kommunale Gebietskörperschaft regionales Marktversagen festgestellt wurde und die Bundesnetzagentur auf Grundlage entsprechender Rechtsverordnungen ihre Genehmigung erteilt hat. Erteilt die Bundesnetzagentur in diesem Ausnahmefall ihre Genehmigung, so muss sie zugleich den Betreiber des Elektrizitätsverteilernetzes verpflichten, Dritten den Zugang zu den Ladepunkten zu angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen zu gewähren. Die Voraussetzungen für den Fortbestand einer Genehmigung sind mindestens alle fünf Jahre durch die Regulierungsbehörde zu überprüfen.

Des Weiteren hat der Gesetzgeber auch eine Übergangsregelung getroffen, die bis zum 31. Dezember 2023 gilt.

Einschätzung für die Praxis – wer ist wie von der Regelung betroffen?

Stadtwerke mit eigenen Netzgesellschaften (nicht-integrierte EVU; rechtlich entflochten)
Sofern die Netzbetreibergesellschaft weder Eigentümer von Ladepunkten für Elektromobilen ist noch diese Ladepunkte entwickelt, verwaltet oder betreibt, findet § 6b Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 EnWG keine Anwendung. Das bedeutet keine Pflicht zur Erstellung von gesonderten Tätigkeitschabschlüssen und kein Verbot für die Entwicklung, Verwaltung oder den Betrieb von Ladepunkten für Elektromobilität, sofern diese Tätigkeiten nicht der Netzbetreibergesellschaft zugeordnet sind.

Stadtwerke ohne eigene Netzgesellschaft, die gleichzeitig Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind (integrierte EVU; nur buchhalterisch entflochten)
Bei diesen Netzbetreibern dürfte § 6b Abs. 3 Nr. 7 EnWG regelmäßig Anwendung finden, so dass sie zur Erstellung von gesonderten Tätigkeitschabschlüssen verpflichtet sind und der zwingenden rechtlichen Entflechtung, Einstellung oder Übertragung bzw. Veräußerung ihrer Tätigkeit bei der Entwicklung, Verwaltung oder dem Betrieb von Ladepunkten für Elektromobilität unterliegen.

Wie wirkt sich das auf die Vergangenheit aus?
Ladepunkte, die von Betreibern von Elektrizitätsverteilernetzen bereits vor dem 27. Juli 2021 entwickelt, verwaltet oder betrieben worden sind, gelten bis zum 31. Dezember 2023 aufgrund eines regionalen Marktversagens im Sinne von § 7c Absatz 2 Satz 1 als genehmigt (§ 118 Abs. 34 EnWG).

Rolle der Bundesnetzagentur
Die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen müssen ihre Tätigkeiten in Bezug auf relevante Ladepunkte der Bundesnetzagentur in Textform bis zum 31. Dezember 2023 anzeigen und diese bis zum 31. Dezember 2023 einstellen, es sei denn, die Bundesnetzagentur erteilt eine Genehmigung nach § 7c Absatz 2 EnWG. Der Zugang zu den betroffenen Ladepunkten ist Dritten zu angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen zu gewähren (§ 118 Abs. 34 EnWG).

Diskussionen über die mögliche Anwendung des Marktrollenverständnisses
Im Markt wird diskutiert, ob im Sinne des Funktionierens der Ladeinfrastruktur bei der Anwendung von § 7c EnWG statt auf die Verteilnetzbetreiber als rechtliche Einheit auf deren Rolle im Markt abzustellen ist. Eine solche Herangehensweise würde die Regelung des § 7c und des § 6b Abs. 3 EnWG „aushebeln“, indem die Entwicklung, die Verwaltung oder der Betrieb von Ladeinfrastruktur einer anderen Tätigkeit als dem Betrieb von Elektrizitätsverteilernetzen zugeordnet würde.

In diesem Zusammenhang würden womöglich auch die „De-Minimis-Regelungen“ greifen, sodass kleinere Stadtwerke (ohne eigene Netzgesellschaften) keiner rechtlichen Entflechtung im Zusammenhang mit dem Ladeinfrastrukturgeschäft unterliegen würden.

Solch marktrollenbezogene Betrachtung wäre für viele insb. kleine, integrierte Energieversorger vorteilhaft, da sie sich dadurch der Geltung der Regelungen von § 7c und § 6b Abs. 3 EnWG entziehen könnten. Allerdings gibt es zurzeit außer der Diskussion darüber keine einschlägige Rechtsprechung zu dem Thema. Für die mögliche Anwendung des Marktrollenverständnisses in der Praxis für Betreiber von Ladeinfrastruktur bleibt abzuwarten, wie die Gerichte dazu urteilen.

Der Beitrag wurde in Kooperation mit dem nachfolgenden Kollegen verfasst:

Waldemar Reisch, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater aus Duisburg (waldemar.reisch@remove-this.pkf-fasselt.de / +49 203 30001 268)

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