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BMF-Schreiben zu den geänderten Anforderungen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

Mit Wirkung zum 01.01.2020 hat der deutsche Gesetzgeber verschiedene Regelungen, die auf Ebene der EU als sogenannte „Quick Fixes“ geschaffen worden sind, in nationales Recht transferiert. Seitdem gehört zu den Tatbestandsmerkmalen für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a UStG1), dass der Abnehmer gegenüber dem leistenden Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet hat. Weiterhin ist seitdem die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 4 Satz 1 Nr. 1 b) UStG) davon abhängig, dass der leistende Unternehmer die Zusammenfassenden Meldung (ZM; § 18a UStG) im Hinblick auf die jeweilige Lieferung richtig und vollständig abgegeben hat.

Die deutsche Finanzverwaltung hat die gesetzliche Bezugnahme auf die Abgabe der ZM zunächst in der Weise interpretiert, dass auch eine nicht fristgerechte Abgabe der ZM der Steuerbefreiung entgegensteht (BMF-Schreiben vom 09.10.2020). Weiterhin sollte nach Meinung des BMF eine berichtigte ZM lediglich dann die Steuerfreiheit wieder aufleben lassen, wenn die Berichtigung innerhalb der Monatsfrist des § 18a Abs. 10 UStG vorgenommen wird. Die Monatsfrist beginnt, sobald der Unternehmer nachträglich erkennt, dass eine von ihm abgegebene ZM unrichtig oder unvollständig ist.

Von dieser restriktiven Sichtweise ist die Finanzverwaltung nunmehr abgerückt (BMF-Schreiben vom 20.05.2022). Danach soll insbesondere eine fristgerechte Abgabe der ZM nun doch keine Rolle für die Gewährung der Steuerbefreiung spielen. Das ist sehr zu begrüßen, zumal diese bisherige Anforderung der Finanzverwaltung mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Einklang gestanden hat.

Das BMF stellt sich ferner auf den Standpunkt, dass die Monatsfrist des § 18a Abs. 10 UStG ausschließlich den Zwecken der Durchführung eines ordnungsgemäßen innergemeinschaftlichen Kontrollverfahrens sowie eines etwaigen Bußgeldverfahrens dient. Daraus folgert das BMF offensichtlich auch, dass es für die Gewährung der Steuerbefreiung nicht auf eine etwaige Berichtigung einer unzutreffenden ZM innerhalb der Monatsfrist ankommt. Ob dies wiederum mit dem Gesetzeswortlaut in § 4 Satz 1 Nr. 1 b) UStG vereinbar ist („§ 18a Absatz 10 bleibt unberührt“), könnte zumindest fraglich sein. Allerdings ist die Finanzverwaltung an diese für den Steuerpflichtigen vorteilhafte Interpretation gebunden.

Fazit: Es bleibt dabei, dass die Abgabe einer ZM, in der die innergemeinschaftliche Lieferung richtig und vollständig angegeben ist, seit dem 01.01.2020 eine materielle Voraussetzung für deren Steuerbefreiung ist. Im Hinblick auf mögliche Bußgelder bei unterlassener, unrichtiger oder verspäteter Abgabe einer ZM bzw. deren unterlassener oder verspäteter Berichtigung (§ 26 Abs. 2 Nr. 5 UStG) sollte die ZM aber schon grundsätzlich mit der gleichen hohen Sorgfalt gehandhabt werden wie die anderen umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 20.05.2022 sind auf innergemeinschaftliche Lieferungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 bewirkt werden.

 

1 Umsatzsteuergesetz

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