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BMF vom 02.08.2022: Quellensteuerpflicht bei Softwareauftragsentwicklung

Leisten Steuerinländer Zahlungen an Steuerausländer für die Überlassung von Softwarenutzungsrechten zur wirtschaftlichen Weiterverwertung, so sind die leistungsempfangenden Steuerinländer grundsätzlich zum Einbehalt, zur Anmeldung und Abführung von Quellensteuer („Steuerabzug nach § 50a EStG“) verpflichtet. Allein die Überlassung von Software zum bestimmungsgemäßen Gebrauch (etwa die bloße Nutzung im eigenen Geschäftsbetrieb oder Nutzungsüberlassung innerhalb eines Konzerns i. S. d. § 18 AktG) führt hingegen nicht zu einer solchen Quellensteuerpflicht, wie die Verwaltung schon vor einigen Jahren klargestellt hatte (BMF vom 27.10.2017, BStBl. I 2017, S. 1448).

In einer aktuellen Verwaltungsanweisung vom 02.08.2022 wird nun niedergelegt, inwieweit die vorgestellten Normen auch die Softwareauftragsentwicklung erfassen. Die wesentlichen Aspekte dieses Schreiben stellen wir Ihnen nachfolgend dar:

  • Ausgangspunkt des neuen BMF-Schreibens ist, dass unter Anwendung des deutschen Urhebergesetzes im Fall der Softwareauftragsentwicklung durch einen ausländischen Unternehmer für einen inländischen Kunden eine zivilrechtliche Übertragung des Urheberrechts an der Software ausgeschlossen ist. Anerkannt wird seitens der deutschen Finanzverwaltung gleichwohl ein keinen Quellensteuerabzug auslösender wirtschaftlicher Rechtekauf jedenfalls dann, wenn der Kunde tatsächlich ein umfassendes, ausschließliches, zeitlich unbeschränktes und unwiderrufliches Nutzungs-/Verwertungsrecht an der Software hat, sodass weder beim Urheber noch bei anderen (ausländischen) Personen oder Gesellschaften urheberrechtliche Rechte mit einem eigenen wirtschaftlichen Wert verbleiben. Diese Abgrenzungskriterien erläutert das aktuelle BMF-Schreiben für verschiedene Konstellationen.
  • Finden vor der Nutzungsüberlassung aus dem Ausland ins Inland eine oder mehrere Nutzungsüberlassungen im Ausland statt (sog. mehrstufige Vertragsverhältnisse), dann soll nach Auffassung des BMF ein wirtschaftlicher Rechtekauf im Inland (d. h. auf letzter Stufe) nur möglich sein, wenn auch auf jeder vorgelagerten Stufe ebenfalls ein wirtschaftlicher Rechtekauf vorliegt. Die zutreffende Einordnung solcher Konstruktionen dürfte in der Praxis jedoch schnell sehr aufwendig werden, zumal auf den vorgelagerten Stufen häufig ausländisches Recht zu beurteilen sein wird.

Das aktuelle BMF-Schreiben soll auf alle offenen Fälle anzuwenden sein,

  • die nach dem 06.06.2021 entstanden sind oder bei denen der der Vertrag zur Softwareauftragsentwicklung nach diesem Tag abgeschlossen wurde oder
  • bei denen Zahlungen nach dem 06.06.2021 zufließen.

Fazit: Das BMF-Schreiben vom 02.08.2022 ist nicht nur in Bezug auf die Regeln für mehrstufige Vertragsverhältnisse, sondern auch schon hinsichtlich der grundsätzlichen Kriterien für Anerkennung eines wirtschaftlichen Rechtekaufs äußerst restriktiv und enthält für den Steuerpflichtigen nur wenig Entlastendes. Zwar wird durch die Formulierung („… jedenfalls dann, wenn …“) nicht ausgeschlossen, dass auch in anderen als den beschriebenen Konstellationen keine Quellensteuerpflicht besteht; unter welchen sonstigen Bedingungen die Finanzverwaltung einen wirtschaftlichen Rechtekauf akzeptieren wird, bleibt allerdings offen. Aufgrund der drohenden, beachtlichen Quellensteuerlast wird daher ein inländischer Unternehmer, der Software durch einen ausländischen Auftragnehmer nicht nur für den eingangs erwähnten bestimmungsgemäßen Gebrauch entwickeln lässt, auch künftig seine entsprechenden Geschäftsbeziehungen eingehend analysieren müssen, wobei oft die Hinzuziehung externer Expertise erforderlich sein dürfte. Zur anwendungssicheren Vermeidung einer Quellensteuerpflicht werden sich Auftraggeber wie Auftragnehmer in der Softwareentwicklung jedenfalls aber künftig häufig eng an die Aussagen des neuen BMF-Schreibens halten.

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