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Carve-Outs – Aktives Portfoliomanagement im Wege der Abspaltung eines Geschäftsbereichs

Teil II: Einflussfaktoren einer erfolgreichen Ausgliederung

In Teil I dieses Beitrags wurden die ökonomische Ratio von Carve-Outs und aktuelle Entwicklungen auf dem M&A-Markt betrachtet. Hier folgt zunächst eine detaillierte Betrachtung der Ausprägungen Spin-off und Equity Carve-Out. Anschließend werden Erfolgsfaktoren von Unternehmens-Ausgliederungen vorgestellt, die den Instrumenten-Einsatz insbesondere im Umfeld volatiler Marktbedingungen vorteilhaft gestalten lassen.

Ausprägungen der Ausgliederung

Grundform des Carve-Out

Im Zusammenhang mit einer Unternehmenstransaktion beschäftigt sich der Carve-Out mit der Ausgliederung eines Tochterunternehmens oder nicht selbständiger Unternehmensteile aus dem Konzern. Dabei werden einzelne Divisionen, Geschäftsbereiche oder Sparten separiert. Im Falle von Desinvestitionen, bei denen einzelne Geschäftseinheiten aus dem Mutterunternehmen herausgelöst werden, um diese zu verselbständigen, ist methodisch im Wesentlichen zwischen (Equity) Carve-Outs und Spin-Offs zu unterscheiden.

Spin-off

Im Rahmen eines Spin-Offs verteilt die Muttergesellschaft die Anteile der ausgegliederten Tochtergesellschaft anteilig („pro rata“) an ihre bisherigen Aktionäre in Form einer Sonderdividende. Alt-Aktionäre profitieren dadurch, dass sie nach der Abspaltung Aktien von zwei separaten Gesellschaften halten. 

Das Listing der Siemens Energy AG als das bis heute größte Spin-Off am deutschen Aktienmarkt belegt, dass sich der Börsengang von Anteilen einer Tochtergesellschaft als wirkungsvolles Wertsteuerungsinstrument nutzen lässt – sowohl für die Konzernmutter als auch für das desinvestierte Geschäft. 

Beispiel Siemens Energy: Bei dem Spin-off erhielt der Siemens-Aktionär für jeweils zwei Siemens-Aktien eine Aktie der Siemens Energy AG. Der Kurs der Siemens AG hielt sich nach der Abspaltung auf konstantem Niveau von etwa 108 € und kletterte bis zum 11.3.2021 auf 136,24 €. Die Papiere der Siemens Energy AG schlossen am ersten Handelstag bei 21,21 €. Damit belief sich der Börsenwert des Unternehmens auf ca. 15 Mrd. €. Der Aktienkurs der Siemens Energy AG ist bis zum 11.3.2021 auf ca. 32 € angestiegen.

Equity Carve-Out

Der Begriff „Equity Carve-out“ wird in der Literatur zum Teil als Synonym zum Begriff „Spin-off“ verwendet. Zwischen diesen Methodiken sollte jedoch deutlich getrennt werden, denn im Unterschied zum Equity Carve-out fließt dem Mutterunternehmen bei einem Spin-off kein zusätzliches Kapital zu.

Bei einem Equity Carve-out werden weniger als 50% der Aktien eines Tochterunternehmens an die Börse gebracht. Die Mehrheit des stimmberechtigten Grundkapitals bleibt nach der Börseneinführung bei der Muttergesellschaft. Das Tochterunternehmen wird folglich nach wie vor durch die Muttergesellschaft kontrolliert und konsolidiert. Zukünftig erfolgt die Versorgung mit weiterem Eigenkapital nicht mehr durch die Muttergesellschaft, sondern das Tochterunternehmen kann die Kapitalbeschaffung an der Börse vollziehen.

Abwicklung von Carve-Out-Transaktionen

Je nach Größe und Komplexität des Carve-outs und der möglichen Käufer- bzw. Investorengruppe steigen die Herausforderungen – für alle Beteiligten. Eine Vorlaufzeit von bis zu 12 oder gar bis 18 Monaten ist dabei nicht unüblich. Im Rahmen des Carve-Outs gilt es, vor allem die nachfolgend gelisteten Herausforderungen und Meilensteine erfolgreich umzusetzen:

  • Frühzeitige Erkennung von operativer Komplexität und Sicherstellung operativer Leistungsfähigkeit vor, während und nach dem Carve-Out.
  • Steueroptimierter Aufbau der neuen Gesellschaftsstrukturen.
  • Abgrenzung der relevanten Vermögenswerte und Schulden.
  • Implementierung eines zusammenhängenden Berichtswesens aufgrund fehlender historischer Finanzdaten; dies beinhaltet insbesondere die Bereitstellung von Carve-Out Financials und Fact Books für einen ggf. folgenden Börsengang inkl. Roadshow.
  • Fortlaufende Abstimmung mit dem Käufer (unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten zwischen dem Signing und dem Closing).

Damit beim Carve-Out ein strukturierter, reibungsloser Prozess aufgesetzt und begleitet werden kann, unterstützt im Regelfall ein externer Berater bei der (inhaltlichen) Separierung der auszugliedernden bzw. zu verkaufenden Einheit, dem sog. „Ring-fencing“. Hierbei geht es vor allem darum, den betriebswirtschaftlichen Umfang sowie den zeitlichen Ablauf der einzelnen Separationsschritte zu definieren als auch zu terminieren. Im Regelfall wird hierbei auch bei der Implementierung und Aussteuerung eines grenzüberschreitenden Projekt Management Office (PMO) beraten.

Angesichts der bisher starken Verflechtung sowohl auf organisatorischer Ebene als auch hinsichtlich der finanziellen Berichterstattung liegen für die auszugliedernde  Geschäftseinheit i.d.R. keine Finanzkennzahlen aus der Vergangenheit vor. Neben der Abgrenzung der relevanten Vermögenswerte und Schulden geht es auch um die Identifizierung von Art und Umfang der Konzernverflechtungen. Im Rahmen der Erarbeitung eines zusammenhängenden Berichtswesens besteht vor allem Unterstützungsbedarf bei der Erstellung von sog. Carve-Out Financials, mit denen sich neben internen KPIs auch der „Stand-Alone-Wert“ des (Transaktions-)Objekts ermitteln lässt. Dies ist vor allem im Hinblick auf Unternehmensbewertungen als auch Kaufpreisbestimmungen und ggf. aufwendige (Nach-)Verhandlungen mit dem Käufer notwendig.

Anknüpfend an die operativen, bereichsübergreifenden Aktivitäten in allen Phasen des Carve-Out-Prozesses bedarf es weiterhin der Vorbereitung und Sicherstellung der sog. „Day-1-Readiness“ als Arbeitsprämisse für (u.a.) eine erfolgreiche Post-Merger-Integration.

Aufgrund der bis dato engen (Konzern-)Verflechtungen bedarf es während des Übergangs bis zur systemischen und operativen Selbständigkeit („Transition period“) des  auszugliedernden Bereichs meist noch der Unterstützung durch die Muttergesellschaft. Oberste Zielsetzung ist hierbei die sog. „Business continuity“, damit sichergestellt wird, dass der Geschäftsbetrieb weiterlaufen kann. 

Fazit

Vor allem bei Unternehmen, für die eine größere Differenz zwischen Unternehmenswert und Börsenwert nachweisbar ist, lässt sich beobachten, dass in der Praxis verstärkt Portfoliomanagement betrieben wird. Über Desinvestitionen können in einer wirtschaftlich angespannten Lage sowohl neue liquide Mittel generiert als auch das Geschäft strategisch neu ausgerichtet werden.

Entsprechende Praxiserfahrungen belegen, dass Equity Carve-Outs und Spin-Offs sehr geeignete Instrumente sind, um Unternehmensbereiche zu revitalisieren; es gelingt insbesondere, der permanenten Dynamik einer komplexen Umwelt Rechnung zu tragen.

Empfehlung: Anzuraten ist eine umfassende Beratung, die sich von der Konzeptionierung bis zur tatsächlichen Abspaltung bei Carve-Out-Transaktionen unterschiedlicher Größe und Branchen erstreckt.

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