Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Covid-19-Arbeitszeitverordnung: Befristete Ausnahmen, u. a. zu Höchstarbeitszeiten, möglich

Am 10. April 2020 ist die neue Covid-19-Arbeitszeitverordnung in Kraft getreten. Für sogenannte systemrelevante Beschäftigte könnte dies eine Verlängerung der Arbeitszeit unter Verkürzung der Ruhezeiten bedeuten.

Die Ausnahmen sind zeitlich befristet bis zum 30. Juni 2020 zugelassen. Die Verordnung insgesamt gilt bis zum 31. Juli 2020, um die speziellen Ausgleichsregelungen der Verordnung über die getroffenen Ausnahmeregelungen hinaus anwenden zu können.

Konkret sind folgende Ausnahmen vorgesehen:

  • Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer/-innen kann auf bis zu zwölf Stunden ausgeweitet werden. Innerhalb von sechs Monaten muss ein Ausgleich auf acht Stunden werktäglich erfolgen.
  • Die tägliche Ruhezeit darf um zwei Stunden verkürzt werden. Dabei ist eine Mindestruhezeit von neun Stunden einzuhalten. Jede Verkürzung muss innerhalb von vier Wochen ausgeglichen werden. Der Ausgleich kann vorrangig durch freie Tage erfolgen, ansonsten aber durch Verlängerung anderer Ruhezeiten auf jeweils mindestens 13 Stunden.
  • Eine Beschäftigung ist auch an Sonn- und Feiertagen möglich, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen erfolgen können. Ersatzruhetage für Sonntagsbeschäftigung können innerhalb von acht Wochen gewährt werden, spätestens aber bis zum Außerkrafttreten der Arbeitszeitverordnung, demnach dem 31. Juli 2020.
  • Die Arbeitszeit darf 60 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Eine Überschreitung ist nur in dringenden Ausnahmefällen möglich.

Diese Ausnahmen sind jedoch nur für bestimmte Branchen vorgesehen. Dies betrifft insbesondere medizinisches Personal, Polizei und Feuerwehr sowie Beschäftigte, die in der Herstellung und Verteilung wichtiger Güter (Desinfektionsmittel, Medizin, Lebensmittel etc.) tätig sind. Ebenso erfasst sind die Branchen Energie- und Wasserversorgung, Abfall- und Abwasserentsorgung, Landwirtschaft, Apotheken und Sanitätshäuser, Beschäftigte in der Geld- und Werttransportbranche sowie im Daten- und Netzwerkmanagement.

Hinweise für den Arbeitgeber: Die Ausnahmen können erst dann in Anspruch genommen werden, wenn organisatorische Maßnahmen, z. B. Arbeitszeitdispositionen, Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen, nicht ausreichen. Es müssen vorrangig alle milderen Maßnahmen zur Bewältigung des Arbeitspensums ausgeschöpft werden.

Zudem bleiben sie verpflichtet, ihre Fürsorgepflichten zu beachten, d. h. sie sollten stets abwägen, ob die Nutzung der nun zugelassenen Maßnahmen unter Berücksichtigung von Sicherheit und Gesundheitsschutz einerseits und der außerordentlichen Notsituation andererseits vertretbar ist.

Ebenso regelt die Arbeitszeitverordnung nur Ausnahmen bezüglich des Arbeitszeitgesetzes. Regelungen zum Arbeitszeitschutz in anderen Gesetzen wie dem Jugendarbeitsschutzgesetz oder dem Mutterschutzgesetz bleiben von der Verordnung unberührt und sind vom Arbeitgeber zu berücksichtigen. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats oder des Personalrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz oder den Personalvertretungsgesetzen bleiben bestehen.

Arbeitgeber sollten zusätzlich die Allgemeinverfügungen der jeweiligen Länder im Blick behalten, da diese auch über die aktuelle Verordnung hinaus z. B. längere Arbeitszeiten zulassen oder andere Ausnahmen vorsehen, die nicht Gegenstand der neuen Verordnung sind und sodann nach dem jeweiligen Landesrecht in Anspruch genommen werden können. Mindestens gelten aber die Regeln der Arbeitszeitverordnung, d. h. Länderregelungen, die „weniger“ Ausnahmen vorsehen, treten in der Rangfolge hinter die Arbeitszeitverordnung.

Die Arbeitszeitverordnung setzt nicht bestehende Tarifverträge, Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen oder sonstige mit dem Arbeitgeber bestehende Regelungen zur Arbeitszeit außer Kraft; sie erweitert lediglich den Rahmen, den Arbeitgeber ausschöpfen können. Der Arbeitgeber muss sich trotzdem an die mit dem Arbeitnehmer bisher getroffenen Absprachen halten. Um die von der Arbeitszeitverordnung vorgesehenen Maßnahmen umsetzen zu können, bedarf es daher einer neuen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zu empfehlen ist vorrangig, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Wird dies nicht erreicht, können Änderungskündigungen möglich sein.

 

Weitere Informationen finden Sie hier:

Corona-Krise – Erste Hilfe von PKF

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang