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Die Bilanzierung nachträglicher Baumaßnahmen beim Kanalvermögen

Werden am bestehenden Kanalvermögen nachträgliche Baumaßnahmen durchgeführt, stellt sich die Frage, ob die damit verbundenen Aufwendungen als Herstellungskosten zu aktivieren oder in der Periode ihrer Entstehung als Erhaltungsaufwand erfolgswirksam zu erfassen sind.

Grundsätze der Abgrenzung von Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand

Aktivierungspflichtige Herstellungskosten eines Vermögensgegenstandes (VG) liegen gem. § 255 Abs. 2 S. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) vor in den Fällen der

  • Herstellung,
  • Erweiterung oder
  • wesentlichen Verbesserung

Der Begriff Herstellung umfasst nicht nur die Erstherstellung eines neuen VG, sondern auch die sog. Zweitherstellung, bei der ein nicht mehr existenter VG wiederhergestellt wird. Dies setzt voraus, dass der alte VG vollständig unbrauchbar geworden ist und unter Verwendung von noch nutzbaren Teilen des bisherigen ein neuer VG entsteht.

Führt eine nachträgliche Maßnahme in Bezug auf die zweckbestimmte Nutzungsmöglichkeit des VG zu einer Substanzmehrung liegt eine Erweiterung vor. Demgegenüber ist eine wesentliche Verbesserung durch eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende deutliche Verbesserung gekennzeichnet. Die deutliche Verbesserung kann bspw. in einer wesentlichen Verlängerung der Nutzungsdauer, einer qualitativen Verbesserung oder einer erheblichen Wesensänderung bestehen. Eine Anpassung an den aktuellen technischen Stand ist dabei nicht als wesentliche Verbesserung anzusehen.

Ist keiner der in § 255 Abs. 2 S. 1 HGB aufgeführten Tatbestände für das Vorliegen von Herstellungskosten erfüllt, ist die nachträgliche Maßnahme als Erhaltungsaufwand einzustufen. Erhaltungsaufwand dient grundsätzlich dem Erhalt der Nutzungsfähigkeit des VG (z. B. Reparatur eines Teilstücks einer bestehenden Kanalhaltung).

Anwendung der Grundsätze auf das Kanalvermögen

Eine Zweitherstellung kommt im Bereich des Kanalvermögens in Betracht, wenn bspw. eine komplette Kanalhaltung aufgrund schwerer Substanzschäden unbrauchbar geworden ist und durch eine neue Haltung ersetzt wird.

Vergrößert sich durch die Maßnahme die Kapazität einer Kanalhaltung, wird die Nutzungsmöglichkeit des Kanals erhöht, womit das Kriterium für eine Erweiterung erfüllt ist.

Eine wesentliche Verbesserung kann beim Kanalvermögen insbesondere dann eintreten, wenn durch die Maßnahme die Nutzungsdauer wesentlich verlängert wird. Eine wesentliche Verlängerung der Nutzungsdauer kann bspw. aus dem Einsatz eines Inliners folgen. Dabei wird die Kanalhaltung mit einer neuen Innenschale, die auch eine tragende Funktion übernehmen kann, ausgekleidet. Wann eine Nutzungsdauerverlängerung jedoch als wesentlich anzusehen ist, ist umstritten.

Kosten des Straßenabbruchs und deren Erneuerung

Nachträgliche Maßnahmen an Kanälen können grundsätzlich durch eine offene (Freilegung der Kanalhaltung durch Aufbruch der Straßenoberfläche und Bodenaushub) oder eine geschlossene Bauweise (grabenlose Durchführung z. B. mithilfe des sog. Berstlining) erfolgen. Bei der offenen Bauweise fallen Aufwendungen für den Aufriss der Straße, den Bodenaushub und die folgende Schließung des Grabens sowie für die Erneuerung der Straßenoberfläche an. In der Regel stehen die Aufwendungen für den Aufbruch und die anschließende Erneuerung der Straße in direktem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Kanalbaumaßnahme und sind als Herstellungskosten des Kanals mit diesem zu aktivieren.

Der Buchwert der Straße bleibt von der Kanalmaßnahme grundsätzlich unberührt. Gegebenenfalls kann eine außerplanmäßige Abschreibung geboten sein, wenn der Wert der Straße durch den Aufriss dauerhaft gemindert ist.

Wird gleichzeitig mit den Kanalmaßnahmen die gesamte Straße im Wege einer Zweitherstellung erneuert, handelt es sich um zwei getrennte investive Maßnahmen. In diesem Fall sind sämtliche den beiden VG nicht unmittelbar einzeln zuzuordnenden Kosten (z. B. Abbruchkosten und Kosten der Baustelleneinrichtung) sachgerecht auf die beiden VG aufzuteilen und als deren Herstellungskosten zu aktiveren. Als Schlüssel für die Aufteilung wird üblicherweise das Verhältnis der Herstellungskosten der Kanalmaßnahme zu den Herstellungskosten der Zweitherstellung der Straße vor Berücksichtigung der Gemeinkosten herangezogen.

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