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Elektronische Ausschreibungen muss man technisch beherrschen

Bei der Nutzung von Ausschreibungsportalen muss sich ein Bieter technische Fehler bei der Anwendung vorwerfen lassen. Sein technisch nicht korrekt abgegebenes Angebot ist zwingend auszuschließen. Er kann sich nicht darauf berufen, dass technische Bedienungsfehler unbeachtlich seien und sein Angebot dennoch zuzulassen sei.

Ein Beschluss der Vergabekammer Lüneburg (VK Lüneburg, Beschluss vom 11.12.2018, VgK - 50 / 2018) dokumentiert, dass eine ausreichende Sachkenntnis beim Bieter vorausgesetzt wird, wenn er ein Angebot oder einen Teilnahmeantrag in einem elektronischen Vergabe-Portal abgibt. Dabei sind die technisch vorgesehenen Regelungen von ihm zu beachten.

Im konkreten Fall hatte der Bieter bei der Nutzung des Vergabeportals seinen Teilnahmeantrag nicht, wie dies technisch erforderlich gewesen wäre, im sogenannten Bietertool hochgeladen. Der Antrag war stattdessen über den einfachen, nicht gegen vorzeitigen Zugriff gesicherten Kommunikationskanal des Portals übermittelt worden, der lediglich für die Klärung allgemeiner Bieterfragen gedacht ist.

Zur Wahrung des Geheimwettbewerbs als wesentliches Element des Vergabeverfahrens dürfen indes Angebote und auch Teilnahmeanträge erst nach Ablauf der Antragsfrist zugänglich sein. Bei elektronisch geführten Vergabeverfahren wird dies technisch so sichergestellt, dass verfahrenserhebliche Eingaben in einem gesonderten Kanal (oder Postfach) zu übermitteln sind, auf den die Vergabestelle erst nach Ablauf der Einreichungsfrist Zugriff hat. Dieser Zugriffschutz war hier nicht gegeben. Aus der Protokollierung des Portals war zwar zu erkennen, dass tatsächlich kein Zugriff vor Ablauf der Frist dokumentiert war. Das reicht nach Ansicht der Kammer aber nicht aus, um das Fehlen des Zugriffschutzes unbeachtet zu lassen.

Dass Vergabeportale nicht immer intuitiv zu bedienen sind, gesteht die Vergabekammer ohne weiteres zu, zumal es Bieter durchaus mit unterschiedlichen, am Markt vertretenen Portalen zu tun haben, da eine einheitliche Gestaltung nicht vorgeschrieben ist.

Die Kammer geht jedoch davon aus, dass bei Verwendung eines Portals weder bei der Vergabestelle noch beim Bieter sachfremde Bearbeiter eingeschaltet sind, sodass eine entsprechende Sachkenntnis im Umgang mit den Portalen zu unterstellen ist. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an den Sachverstand, der auf beiden Seiten vorzuhalten ist.

Auch bei Vergabestellen, so teilt die Kammer aus ihrer Spruchpraxis mit, geschehen durchaus technische Handhabungsfehler, die ausschreibende Stellen zu verantworten haben und die schon zur Aufhebung von Verfahren geführt haben. Die Anforderung an den Sachverstand bei der Bedienung des elektronischen Portals sind also auf beiden Seiten hoch.

Hinweis: Insbesondere für Vergabestellen, die situationsbedingt nicht regelmäßig mit elektronischen, EU-weiten Ausschreibungen befasst sind, kann diese Anforderung schnell problematisch werden. Hier erscheint die Nutzung von Serviceangeboten sinnvoll, die nicht allein rechtsberatend tätig sind, sondern auch die technische Seite des Vergaberechts beherrschen und hier Lösungen aus einer Hand anbieten können.

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