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Erleichterungen zur Anwendung des Vergaberechts

Das BMWi¹ hat mit Rundschreiben vom 19.03.2020 Erleichterungen zur Anwendung des Vergaberechts im Zusammenhang mit der Beschaffung von Leistungen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus SARS-CoV-2 veröffentlicht.

Es soll die schnelle und effiziente Durchführung von Vergabeverfahren zur Beschaffung erforderlicher Leistungen und Lieferungen zur Eindämmung der Pandemie und zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs der öffentlichen Verwaltung ermöglicht werden. Als solche werden insbesondere genannt:

  • Heil- und Hilfsmittel, wie etwa Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe, Masken, Schutzkittel, Verbandsmaterialien, Tupfer, Bauchtücher und medizinisches Gerät wie etwa Beatmungsgeräte
  • sowie für in diesen Krisenzeiten notwendige Leistungen (etwa mobiles IT-Gerät z. B. zur Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen, Videokonferenztechnik und IT-Leitungskapazitäten)
  • Diese Aufzählung ist nicht abschließend.

Das Rundschreiben tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.

Folgende Aspekte sind hervorzuheben:

Öffentliche Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte

  • Liefer- und Dienstleistungen, die den EU-Schwellenwert von 214.000 Euro netto erreichen bzw. überschreiten, können im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nach § 119 Abs. 5 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) i. V. m. § 14 Abs. 4, 17 Vergabeverordnung (VgV) beschafft werden.
  • Durch die gegenwärtige Situation sind die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV
    • Vorliegen eines unvorhergesehenen Ereignisses,
    • Bestehen äußerst dringlicher und zwingender Gründe, die die Einhaltung der in anderen Verfahren vorgeschriebenen Fristen nicht zulassen,
    • Bestehen eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem unvorhergesehenen Ereignis und der Unmöglichkeit, die Fristen anderer Vergabeverfahren einzuhalten,

als gegeben anzunehmen.

  • Angebote können im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb formlos und ohne die Beachtung konkreter Fristvorgaben eingeholt werden.
    • Nach Würdigung der Gesаmtumstände sind auch sehr kurze Fristen (bis hin zu 0 Tagen) denkbar.
    • Auch die direkte Ansprache nur eines Unternehmens ist möglich, wenn nur dieses in der Lage sein wird, den Auftrag unter den durch die zwingende Dringlichkeit auferlegten technischen und zeitlichen Zwängen zu erfüllen.
  • Im Bereich des Sektorenvergaberechts gelten die Ausführungen entsprechend auf der Grundlage des § 13 Abs. 2 Nr. 4 Sektorenverordnung (SektVO).

Öffentliche Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte

  • Hier kann im Fall von Beschaffungen, die zur Eindämmung und Bewältigung der Corona-Epidemie kurzfristig erforderlich sind, vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb nach § 8 Abs. 4 Nr. 9 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) ausgegangen werden
    • Die Ansprache nur eines Unternehmens und die Setzung sehr kurzer Fristen dürfte sich mithin im Unterschwellenwertbereich ebenfalls regelmäßig rechtfertigen lassen.

Ausweitung bestehender Verträge

  • Die Voraussetzungen für Vertragsänderungen, -verlängerungen und/oder ‑ausweitungen nach § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GWB, die über § 47 Abs. 1 UVgO auch für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen im Unterschwellenwertbereich gelten, werden als gegeben angesehen:
    • Die fehlende Voraussehbarkeit des Ereignisses bedarf keiner Diskussion.
    • Eine zur Neuausschreibung verpflichtende Änderung des Gesamtcharakters des bestehenden Vertrags liegt nicht vor, wenn die Liefermengen der vereinbarten Leistung erhöht werden oder ein bestehender Liefervertrag über bestimmte medizinische Hilfsmittel um weitere Gegenstände ergänzt wird, die dem gleichen oder einem ähnlichen Zweck gelten.
    • Das Preiskriterium, wonach sich der Wert des ursprünglichen Auftrags nicht um mehr als 50 % erhöhen darf, wird im Rundschreiben nicht angesprochen und dürfte bei Verträgen bezüglich Leistungen zur Eindämmung der Pandemie und zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs der öffentlichen Verwaltung vernachlässigbar sein
  • Die Vertragsänderungen sind bei nach dem Oberschwellen-Vergaberecht vergebenen Verträgen zu gegebener Zeit im EU-Amtsblatt zu veröffentlichen (§ 132 Abs. 5 GWB).

Hinweis: Kurze Dokumentation, insbesondere falls eine Fördermittelgewährung vorliegt, dass die Möglichkeiten zur Beschleunigung und Vereinfachung von Vergabeverfahren zur Beschaffung von Leistungen zur Eindämmung der Pandemie und zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs der öffentlichen Verwaltung genutzt wurden.

¹ Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

 

Weitere Informationen finden Sie hier:

Corona-Krise – Erste Hilfe von PKF

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