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Kosten für SARS-CoV-2-Monitoring im Abwasserbereich sind nach der aktuellen Rechtslage nicht gebührenfähig

Die Europäische Kommission hat in einer Empfehlung vom 17.03.20211 die Mitgliedsstaaten aufgerufen, Strukturen zu etablieren, die eine langfristige Überwachung von SARS-CoV-2 und seinen Varianten im Abwasser ermöglichen. Dafür wird im Rahmen der Etablierung eines nationalen Abwasserüberwachungssystems für SARS-CoV-2 auch der Aufbau einer dafür notwendigen digitalen Infrastruktur gefördert.

Im Mitgliedstaat Deutschland wurden für das Projekt zur Überwachung des Abwassers auf das Coronavirus deutschlandweit 20 Städte ausgewählt. Die Pilotphase mit den Wasserproben für die Prüfung der Belastung mit dem Corona-Virus startete am 9. Februar 2022 und ist bis zum Frühjahr 2023 geplant. Dafür erhält Deutschland finanzielle Unterstützung der EU-Kommission in Höhe von insgesamt 3,72 Mio. Euro. Insgesamt stehen pro Pilotstandort Fördergelder in Höhe von 60.000 Euro zur Verfügung.

Im Rahmen des Projektes sollen Machbarkeit und Notwendigkeit einer Vereinheitlichung der Probenahme- und Analysemethoden untersucht werden. Zudem sollen auch mögliche digitale Schnittstellen der Datenübermittlung und Kommunikation zwischen Abwasser- und Gesundheitssektor (insbesondere Reporting an die Gesundheitsämter sowie Auswertung und Verwendungsmöglichkeiten der Ergebnisse der Abwassertestungen) bewertet werden. Auch die Prüfung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses und die Machbarkeit eines bundesweit flächendeckenden oder repräsentativen Abwassermonitorings sollen untersucht werden. Abschließend sollen die rechtlichen Regelungen zur Ermöglichung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern und Abwasser- und Gesundheitssektor geklärt werden.

Dabei ist insbesondere die Klärung der Kostentragung unerlässlich. Die Kommunen als „Hauptakteure“ der kommunalen Abwasserbeseitigung und damit auch im Rahmen des Abwassermonitorings haben nämlich derzeit keine Möglichkeit, die für die vorstehend beschriebenen Leistungen entstehenden Kosten in die Abwassergebühr einzustellen. Es fehlt an dem entscheidenden Bezugspunkt für die Gebührenfähigkeit diesbezüglicher Kosten, den die Leistungserbringung gegenüber dem Benutzer der Abwassereinrichtung bildet. Nur wenn und soweit qualitativ bessere Leistungen gegenüber dem Nutzer erbracht sowie die Sicherheit und Nachhaltigkeit der Einrichtung in spürbarem Maße und überschaubarem Zeitraum erhöht werden, sind die entsprechenden Kosten betriebsbezogen und damit in der Gebührenkalkulation anzusetzen.

Nutzer der beim Abwassermonitoring auf SARS-CoV-2 und seine Varianten gewonnenen Daten sind jedoch insbesondere Krisenstäbe beziehungsweise Gesundheitsämter im Rahmen des Corona-Managements. Berührt werden somit Aufgabenstellungen im Rahmen des Infektionsschutzes und der Pandemiebekämpfung, nicht aber der Abwasserbeseitigung. Über die Abwassereinrichtungsbetriebe werden also durch das Abwassermonitoring im Wesentlichen externe Effekte für die Allgemeinheit erzielt, sodass es geboten ist, letztere und nicht allein die Nutzer der Abwassereinrichtungen zum finanziellen Ausgleich für den ihr zugutekommenden oder ihr zuzurechnenden Nutzen heranzuziehen.

Die Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser weist mithin nicht die notwendige Betriebsbezogenheit zur Aufgabe der Abwasserbeseitigung auf, um die dafür auf Seiten der Abwasserentsorger anfallenden Kosten über Abwassergebühren refinanzieren zu können.

Das Thema Abwassermonitoring wird auch durch den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 (Drs. 20/2573 v. 05.07.2022), der vor allem Änderungen im Infektionsschutzgesetz beinhaltet, aufgegriffen, den das Bundeskabinett verabschiedet und dem Bundestag zugeleitet hat, von dem er zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen wurde. Regelungen zur dargestellten Kostentragungsproblematik finden sich darin bislang nicht..

1 Empfehlung (EU) 2021/472 der Kommission vom 17. März 2021 über ein gemeinsames Konzept zur Einführung einer systematischen Überwachung von SARS-CoV-2 und seinen Varianten im Abwasser in der EU
Link: ABl. L 98 vom 19.3.2021, S. 3, CELEX: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:32021H0472

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