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Neue Kündigungsfristen für einen Fremdgeschäftsführer: Erhebliche Benachteiligung möglich

In einem aktuellen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Rechtsprechung zu den Kündigungsfristen eines Fremdgeschäftsführers geändert. Dies kann ihn erheblich benachteiligen. Zur Begründung wird angeführt, dass er nicht auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags, sondern eines Dienstvertrags tätig werde.

Ausgangslage

Unter einem Fremdgeschäftsführer versteht man einen Geschäftsführer, der nicht gleichzeitig auch Gesellschafter ist. Die Tätigkeit eines Fremdgeschäftsführers wurde bisher durch den BGH als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit eingestuft. Damit gelten die gestaffelten Kündigungsfristen gem. § 622 BGB, die sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses richten.

Kehrtwende aufgrund neuer BAG-Rechtsprechung

Demgegenüber hat nun aber das BAG mit Urteil vom 11.6.2020 (Az.: 2 AZR 374/19) entschieden, dass sich ein Fremdgeschäftsführer bei fehlender vertraglicher Regelung in seinem Dienstvertrag nicht auf die gesetzlichen Kündigungsfristen, die für Arbeitnehmer gelten, berufen kann. Damit liegt eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des BGH vor, der die für Arbeitnehmer geltenden Kündigungsfristen für anwendbar erklärt hatte.

Hinweis: Trotz dieser Abweichung von der BGH-Rechtsprechung hat das BAG keine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vorgenommen, da das BAG hier keine planwidrige Regelungslücke sieht.

In seiner Urteilsbegründung vertritt das BAG die Auffassung, dass der Fremdgeschäftsführer eine arbeitgeberähnliche Tätigkeit ausübt, da er als Organ der Gesellschaft über nach außen nicht beschränkbare Vertretungsbefugnisse verfügt, die ihn grundsätzlich von Arbeitnehmern – auch leitenden Angestellten – unterscheiden. Der Fremdgeschäftsführer sei nicht auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags, sondern auf der Grundlage eines Dienstvertrags tätig. Daraus folge, dass die Kündigungsfristen gem. § 621 BGB einschlägig sind, wonach sich diese nach dem Zeitraum richten, für den die Vergütung bemessen ist. Bei einer üblicherweise nach Monaten bemessenen Geschäftsführervergütung sei eine Kündigung damit schon zum 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats zulässig. Bei einer Vergütung nach Tagen oder Wochen ergebe sich sogar regelmäßig eine Kündigungsfrist von einem Tag bzw. einer Woche.

Ergebnis

Hierin kann, insbesondere bei Anstellungsverhältnissen, die bereits über viele Jahre andauern, eine erhebliche Benachteiligung des Fremdgeschäftsführers liegen.

Empfehlungen: Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, die bisher geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsverträge auf ihre Regelungen zu Kündigungsfristen zu überprüfen. Soweit ein Verweis auf die gesetzlichen Regelungen enthalten ist, bedeutet dies, dass die Kündigungsfristen des § 621 BGB gelten. Die Anwendung der Kündigungsfristen des § 622 BGB ist nur bei einer entsprechenden vertraglichen Anpassung möglich. Bei neu zu schließenden Geschäftsführer-Anstellungsverträgen sollte zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten eine ausdrückliche Regelung zu den Kündigungsfristen erfolgen.

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