Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

November-/Dezemberhilfen (außerordentliche Wirtschaftshilfe) sowie Überbrückungshilfen II im Licht des EU-Beihilferechts

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs sind für eine Vielzahl von Unternehmen aller Größenordnungen, aber auch Selbständige sowie die öffentliche Hand gravierend. Bei unterstützenden Maßnahmen für die Wirtschaft in dieser schwierigen Zeit hat die Bundesrepublik Deutschland dennoch das in Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerte Beihilfeverbot zu beachten und grundsätzlich die Unterstützungsmaßnahmen bei der Europäischen Kommission anzumelden und von dieser genehmigen zu lassen.

Die Europäische Kommission hat entsprechende Genehmigungen bereits z. B. für die Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 sowie die Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 erteilt. Grundlage beider Beihilferegelungen ist eine Mitteilung der Europäischen Kommission mit dem Titel „Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19“ (im Folgenden „Befristeter Rahmen“), die mittlerweile in der 4. Änderungsfassung vom 13.10.2020 vorliegt.

Die beiden Beihilferegelungen wiederum bilden die Basis für die November- und Dezemberhilfen sowie die Überbrückungshilfen. Hinzu tritt unabhängig von COVID-19 die allgemein geltende Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 (allgemeine De-minimis-Verordnung; daneben existieren sektorspezifische De-minimis-Verordnungen, u. a. für den Agrarsektor sowie den Fischerei- und Aquakultursektor).

November- und Dezemberhilfe

Beide Programme fallen unter die Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020. Durch die Inanspruchnahme von Novemberhilfe und Dezemberhilfe (und anderen Soforthilfen des Bundes und der Länder) darf der beihilferechtlich nach der Kleinbeihilfenregelung 2020 zulässige Höchstbetrag, ggf. kumuliert mit dem Höchstbetrag für Beihilfen nach der De-Minimis-Verordnung, insgesamt 1 Mio. EUR, nicht überschritten werden:

Nach der Kleinbeihilfenregelung können grundsätzlich Beihilfen bis EUR 800.000 pro Unternehmen vergeben werden, wobei der KfW-Schnellkredit sowie andere Förderungen auf der Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 (bzw. nachfolgender Änderungsfassungen) voll angerechnet werden (u. a. die Soforthilfen des Bundes sowie die Überbrückungshilfe I).

Nach der allgemeinen De-minimis-Verordnung dürfen einem einzigen Unternehmen innerhalb von drei Steuerjahren grundsätzlich bis zu EUR 200.000,00 gewährt werden.

Es muss zu jedem Zeitpunkt sichergestellt werden, dass die vorgenannten Beihilfeobergrenzen nicht überschritten werden. Im Fall einer Überschreitung des zulässigen Höchstbetrags ist die Novemberhilfe bzw. Dezemberhilfe im Rahmen der Antragstellung bis zu diesem zu kürzen.

Auch öffentliche Unternehmen zählen zum Kreis der Antragsberechtigten für November- und Dezemberhilfen. Nach dem im EU-Beihilferecht geltenden funktionalen Unternehmensbegriff muss es sich um ein rechtlich selbständiges und am Markt, also wirtschaftlich tätiges Unternehmen handeln. Erforderlich ist dabei keine eigenständige juristische Person, sondern es muss nur eine gewisse organisatorische Selbständigkeit der die wirtschaftliche Tätigkeit ausübenden Einheit vorliegen. Somit können auch Regie- sowie Eigenbetriebe oder Sparten einer mehrheitlich öffentlichen Beteiligungsgesellschaft antragsberechtigt sein.

Wichtig ist auch hier die Einhaltung der o. g. Höchstgrenzen, sodass ggf. in einem Unternehmensverbund oder auch einem Stadtkonzern zu klären ist, ob andere antragsberechtigte Einheiten für dasselbe Vorhaben bzw. denselben Zweck oder den Ausgleich derselben Kosten bzw. Verluste Anträge auf November-/Dezemberhilfen stellen bzw. zu stellen beabsichtigen.

Die Antragsfristen für die November- und Dezemberhilfen wurden bis zum 30. April 2021 verlängert.

Die Novemberhilfe Plus und die Dezemberhilfe Plus, die Beihilfen bis insgesamt 4 Mio. EUR ermöglichen, stützen sich für die über 1 Mio. EUR hinausgehende Förderung auf die Bundesregelung Fixkostenhilfe. Der Betrag bis zu 1 Mio. EUR stützt sich, wie bereits oben ausgeführt, auf die Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 und die De-minimis-Verordnung.

Aktuell können Novemberhilfe Plus und Dezemberhilfe Plus noch nicht beantragt werden.

Überbrückungshilfen II

Während die Überbrückungshilfe I, deren Antragsfrist am 9. Oktober 2020 bereits abgelaufen ist, auf derselben Grundlage beruht wie die November- und Dezemberhilfe, fußt die Überbrückungshilfe II auf der Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020. Deren EU-beihilferechtliche Basis wurde mit der Aktualisierung des Befristeten Rahmens durch die Europäische Kommission im Oktober 2020 geschaffen.

Sie knüpfte die Beantragung der Überbrückungshilfe II an die Voraussetzungen, dass die Beihilfe für ungedeckte Fixkosten gewährt wird, die im Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2021 entstanden sind bzw. entstehen, einschließlich Kosten, die in einem Teil dieses Zeitraums entstanden sind bzw. entstehen („beihilfefähiger Zeitraum“) und dass im entsprechenden Zeitraum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Umsatzrückgang von mindestens 30 % vorlag.

Der „beihilfefähige Zeitraum“ ist dabei vom Leistungszeitraum zu unterscheiden. Der Leistungszeitraum ist jener Zeitraum, für den eine Förderung beantragt werden kann, bei der Überbrückungshilfe II für September bis Dezember 2020. Der „beihilfefähige Zeitraum“ ist jener Zeitraum, der für die Berechnung der ungedeckten Fixkosten eines Unternehmens herangezogen wird, bei der Überbrückungshilfe II März bis Dezember 2020.

Als ungedeckte Fixkosten werden dabei Kosten verstanden, die unabhängig von der Ausbringungsmenge entstehen. Ungedeckte Fixkosten im Sinne des Befristeten Rahmens in der Fassung vom 13.10.2020 sowie der Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 sind Fixkosten bzw. Verluste, die einem Unternehmen während des beihilfefähigen Zeitraums entstanden sind bzw. entstehen und die im selben Zeitraum weder durch den Deckungsbeitrag (d. h. die Differenz zwischen Erlösen und variablen Kosten) noch aus anderen Quellen wie Versicherungen, befristeten Beihilfemaßnahmen oder Unterstützung aus anderen Quellen gedeckt sind.

Ungedeckte Fixkosten im beihilfefähigen Zeitraum sind zwingende Voraussetzung für die Gewährung von Beihilfen unter der Bundesregelung Fixkostenhilfe. Sie sind maßgeblich für die beihilferechtliche Höchstgrenze. Dies gilt unabhängig von der Förderhöhe.

Es ist also zu beachten, dass es demnach für die Inanspruchnahme der Überbrückungshilfe II zwingend erforderlich ist, dass in den entsprechenden Fördermonaten ein Liquiditätsengpass (Verlust) erzielt wurde.

Zur Bestimmung des Verlusts können alle Fixkosten herangezogen werden - also auch solche, die im Rahmen der Überbrückungshilfe nicht förderfähig sind. Anderweitige Unterstützungsleistungen müssen als Einnahmen bei der Bestimmung der Verluste bzw. ungedeckten Fixkosten angerechnet werden. Beispielsweise müsste eine Förderung durch die Soforthilfe oder die Überbrückungshilfe I für die entsprechenden Monate als Einnahme berücksichtigt werden. Eine Ausnahme gilt dahingehend für Unterstützungsleistungen, die in der steuerlichen Gewinn- und Verlustrechnung nicht als Einnahmen ausgewiesen werden (wie z. B. Kredite), diese müssen auch zur Verlustbestimmung nicht herangezogen werden.

Kurzarbeitergeld müssen Unternehmen insoweit bei der Bestimmung ihrer ungedeckten Fixkosten berücksichtigen, als dadurch ihre Personalkosten verringert werden.

Als Umsatzdefinition für die weitere Voraussetzung, dass im entsprechenden Zeitraum mindestens 30-prozentige Umsatzeinbußen vorliegen müssen, ist der steuerbare Umsatz nach § 1 UStG heranzuziehen.

Der beantragbare Höchstbetrag beläuft sich bei der Überbrückungshilfe II auf bis zu maximal 3 Mio. EUR pro Unternehmen bzw. Unternehmensverbund.

Laut geltender Rechtsgrundlage darf die Hilfe maximal 90 % der ungedeckten Fixkosten für Kleinst- und Kleinunternehmen sowie maximal 70 % für alle darüberliegenden Unternehmensgrößen betragen.

Gezahlte Beträge, die den endgültigen Beihilfebetrag übersteigen, werden zurückgefordert, bei Unterkompensation der bewilligten Mittel erfolgt eine Nachzahlung.

Antragsberechtigt sind Unternehmen aller Größen, gemeinnützige Organisationen, Vereine, Soloselbstständige und Angehörige der Freien Berufe. Abweichend davon, sind folgende Unternehmen explizit nicht antragsberechtigt:

  • Unternehmen, die nicht bei einem deutschen Finanzamt angemeldet sind sowie Unternehmen ohne inländische Betriebsstätte oder Sitz
  • Unternehmen, die sich bereits zum 31.12.2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden haben und diesen Status danach nicht wieder überwinden konnten
  • Unternehmen, die erst nach dem 31.10.2019 gegründet wurden
  • Öffentliche Unternehmen sowie öffentlich getragene gemeinnützige Unternehmen, Unternehmen die sich für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds qualifizieren sowie Unternehmen mit mindestens 750 Mio. Euro Jahresumsatz
  • Freiberufler oder Soloselbständige im Nebenerwerb.

Die Antragsfrist endet am 31. März 2021.

 

Weitere Informationen finden Sie hier:

Corona-Krise – Erste Hilfe von PKF

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang