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Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens durch das StaRUG

Seit dem 1.1.2021 ist mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) ein Rahmen geschaffen worden, mit dem Unternehmer ihren Betrieb sanieren können, ohne ein Insolvenzverfahren bisheriger Prägung durchlaufen zu müssen.

Umsetzung des „Präventiven Restrukturierungsrahmens“

Im März 2019 hat das EU-Parlament die Richtlinie zum „Präventiven Restrukturierungsrahmen“ beschlossen, wodurch die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren zu schaffen. Dieses soll Unternehmen die Möglichkeit geben, außerhalb des Insolvenzverfahrens Sanierungsmaßnahmen unter schützenden Bedingungen in einheitlicher Weise mit den Beteiligten abzustimmen und umzusetzen. Das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) wurde am 29.12.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Wichtiger Bestandteil des Gesetzes ist das StaRUG, das überwiegend zum 1.1.2021 in Kraft getreten ist.

Hinweis: Der neu geschaffene Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen kann auch Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht haben. Dabei ist zu beachten, dass im Zuge der Corona-Pandemie der Gesetzgeber die Regelungen zur Insolvenzantragspflicht mehrfach geändert hat. Die Neufassung des IDW S 11 zur Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen verweist im vorliegenden Entwurfstext an mehreren Stellen auf das StaRUG und ist Gegenstand eines gesonderten Artikels.

Zielsetzung

Mit Wirkung ab dem 1.1.2021 soll das StaRUG dazu verhelfen, dass Unternehmer ihren Betrieb sanieren können, ohne ein gerichtliches Insolvenzverfahren durchlaufen zumüssen. Sämtliche Unternehmen, denen eine Insolvenz droht, können sich auf ein solches Restrukturierungsverfahren berufen, sofern die Aussicht auf eine Sanierung besteht. Von einer drohenden Insolvenz ist auszugehen, wenn das Unternehmen noch zahlungsfähig ist, das Eintreten der Zahlungsunfähigkeit aber innerhalb von 24 Monaten prognostiziert wird. Die Gründe für eine drohende Zahlungsunfähigkeit können vielfältig sein – in Zeiten der Corona-Pandemie sind aber vor allem ausbleibende Aufträge und Umsatzeinbrüche zu nennen. In solchen Fällen war es bisher üblich, nach dem Insolvenzantrag das Unternehmen durch ein Insolvenzverfahren zu sanieren. Zukünftig ist es möglich, stattdessen eigenständig ein Restrukturierungsverfahren vor dem zuständigen Restrukturierungsgericht (grundsätzlich Amtsgericht) zu beantragen. Ist die Zahlungsunfähigkeit jedoch schon zu weit fortgeschritten, ist allenfalls noch eine Lösung im Insolvenzverfahren über einen Insolvenzplan möglich und das StaRUG steht grundsätzlich nicht zur Verfügung.

Hinweis: Das StaRUG hat verglichen mit dem Insolvenzplanverfahren den Vorteil, dass das Restrukturierungsverfahren nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen wird und das Unternehmen somit keine möglichen Kollateralschäden durch weitläufiges Bekanntwerden befürchten muss. Ein adäquates Liquiditätsmanagement wird damit noch mehr Grundlage sorgfältigen Geschäftsführerhandelns, denn die Wahl der anwendbaren Sanierungsinstrumente erfolgt anhand einer ordnungsgemäßen Liquiditätsplanung. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit führt i.d.R. zur Beendigung des Restrukturierungsverfahrens und zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens.

Inhalt des neuen Verfahrens

Das StaRUG unterteilt sich im Wesentlichen in verschiedene Kapitel wie z.B. die Krisenfrüherkennung, den Restrukturierungsplan oder die Sanierungsmoderation. Dabei ist der Aufbau des Gesetzes nicht analog zu den herkömmlichen Mustern zivilrechtlicher Verfahrensordnungen angeordnet, sondern spiegelt die zeitliche Abfolge in der Praxis wider: Beginnend bei den allgemeinen Pflichten im Vorfeld einer Restrukturierung regelt das Gesetz im Anschluss zunächst die Inhalte des Restrukturierungsplans. Im Folgenden werden neben diesem Restrukturierungsplan der gerichtliche Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen, der Restrukturierungsbeauftragte und die Sanierungsmoderation dargestellt.

Hinweis: Die aus dem SanInsFoG resultierenden erweiterten Pflichten für Geschäftsführer zur Krisenfrüherkennung und Einleitung von Gegenmaßnahmen sind Gegenstand eines Beitrags von RA Andy Weichler.

Restrukturierungsplan

Der Restrukturierungsplan ist der Ausgangspunkt für den Vorgang der Sanierung und deshalb von herausragender Bedeutung. Übergeordnetes Ziel des Restrukturierungsplans ist die Abwendung der Insolvenz bzw. der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit, um den Fortbestand des Unternehmens zu gewährleisten. Dabei müssen sowohl die Initiative als auch die Ausarbeitung des Plans vom schuldnerischen Unternehmen ausgehen. In Anlehnung an das Insolvenzplanverfahren sind auch hier die Planbetroffenen für die Zwecke der Abstimmung über den Restrukturierungsplan in Gruppen einzuteilen. Die Aufteilung erfolgt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechtsstellungen und nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Interessen (z.B. gesicherte Gläubiger, nicht nachrangige ungesicherte Gläubiger, nachrangige Gläubiger). Zudem bilden Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten eine separate Gruppe. Für die Annahme des Plans wird in jeder Gruppe eine qualifizierte Summenmehrheit von 75% der Stimmrechte benötigt.

Hinweis: Durch dieses Mehrheitsregime kann eine schnellere Einigung erzielt werden und es ist unwahrscheinlicher, dass es zu Blockadehaltungen einzelner Gläubiger kommt. Zum anderen werden durch die Anzeige eines StaRUG-Verfahrens die Insolvenzantragspflichten außer Kraft gesetzt.

Sanierungsmoderation und gerichtlicher Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen

Anstelle eines Restrukturierungsplans kann auch ein einvernehmlicher Vergleich (Sanierungsvergleich) unter Vermittlung eines gerichtlich bestellten, unabhängigen und erfahrenen Sanierungsmoderators geschlossen werden. Wird dieser Sanierungsvergleich vom Gericht bestätigt, profitiert das Unternehmen davon, dass insbesondere die Anfechtbarkeit der entsprechenden Vereinbarungen in einem etwaigen späteren Insolvenzverfahren eingeschränkt ist. Unter der Sanierungsmoderation versteht man ein „formalisiertes Meditationsverfahren“, das komplett neben dem StaRUG-Verfahren steht.

Oftmals wird es im Rahmen der Restrukturierung mittels Restrukturierungsplan aber notwendig sein, die Verhandlungen durch gerichtliche Maßnahmen zu unterstützen. Zu den Instrumenten des gerichtlichen Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens gehören dabei

  • die gerichtliche Planabstimmung,
  • die Vorprüfung von Fragen,
  •  die Anordnung von Vollstreckungs- und Verwertungssperren sowie
  •  die Bestätigung eines Restrukturierungsplans.

Die Inanspruchnahme eines dieser Instrumente setzt voraus, dass das Restrukturierungsvorhaben beim zuständigen Restrukturierungsgericht angezeigt wird. Seitens des Unternehmens muss eine Dokumentation beigefügt werden, die insbesondere einen Restrukturierungsplan-Entwurf oder zumindest ein Restrukturierungskonzept umfasst.

Restrukturierungsbeauftragter

Unternehmen können von den Instrumenten des StaRUG eigenständig Gebrauch machen. Wenn aber absehbar ist, dass nicht in allen Gruppen die erforderliche Mehrheit zur Zustimmung des Plans erreicht wird, ist die gerichtliche Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten, welcher das Verfahren überwacht, verpflichtend. Dabei fungiert der Restrukturierungsbeauftragte unparteiisch, indem er die Verhandlungen begleitet und überwacht, um dabei die Interessen der Gläubiger zu wahren. Somit unterstützt dieser auch allem voran mittlere und kleine Unternehmen sowie Kleinstunternehmer oder Verbraucher bei der Abstimmung über deren Forderungen im Restrukturierungsplan.

Fazit: Der Gesetzgeber hat mit dem StaRUG eine gute Möglichkeit geschaffen, Unternehmen außergerichtlich zu sanieren. Mit dem Restrukturierungsplan kann eine schnellere Einigung erzielt werden und es ist unwahrscheinlicher, dass es zu Blockadehaltungen einzelner Gläubiger kommt. Zum anderen werden durch die Anzeige eines StaRUG-Verfahrens die Insolvenzantragspflichten außer Kraft gesetzt. Für die Geschäftsführer gibt es nun keine Pflichtenkollision mehr zwischen der Massesicherungspflicht und der Steuerzahlungspflicht, welche beide mit einer persönlichen Haftungsandrohung einhergehen. Im Gesetzgebungsverfahren wurde jetzt der Massesicherungspflicht Vorrang gewährt und die persönliche Haftung für die Steuerzahlung wurde ausgesetzt.

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