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Steueroptimierung bei Führungskräften mit mehreren ausländischen Wohnsitzen

​In internationalen Unternehmen arbeiten Führungskräfte (einschließlich Geschäftsführer und Vorstände) oft auch für längere Zeit im Ausland. Häufig liegt der Wohnsitz dabei in zwei (oder mehreren) verschiedenen Ländern; der Sitzstaat des Arbeitgebers befindet sich nochmals in einem anderen Land. Dies eröffnet Gestaltungsspielräume zur Verminderung der gesamten Steuerbelastung. In solchen Fällen, die das Besteuerungsregime mehrerer Länder berühren, können vier Grundkonstellationen unterschieden werden:

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen den beteiligten Staaten, die dem OECD-Musterabkommen entsprechen

Hat eine Führungskraft mehrere Wohnsitze, ist zunächst zu beurteilen, in welchem Staat diese als ansässig gilt. In der Regel ist entscheidend, zu welchem Staat die engsten persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestehen.

Das OECD-Musterabkommen geht grundsätzlich davon aus, dass neben dem Ansässigkeitsstaat der Führungskraft auch der Tätigkeitsstaat ein Besteuerungsrecht für Vergütungen hat. Ist der Tätigkeitsstaat nicht gleichzeitig der Ansässigkeitsstaat, können die Einkünfte im Staat des Tätigkeitsortes besteuert werden. Eine Durchbrechung dieses sog. Quellenstaatprinzips zugunsten der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat erfolgt über die sog. 183-Tage-Klausel. Danach verbleibt es beim ausschließlichen Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates, wenn der Aufenthalt im Kalenderjahr weniger als 183 Tage betragen hat und der Arbeitslohn nicht von einem Arbeitgeber oder von einer Betriebstätte, welche im Tätigkeitsstaat ansässig sind, gezahlt bzw. (wirtschaftlich) getragen wird.

Der Ort der Geschäftsleitung oder der Sitz der Gesellschaft ist für die Aufteilung des Besteuerungsrechts regelmäßig irrelevant (Ausnahme s.u.).

Fällt das Besteuerungsrecht nach dieser Prüfung das Besteuerungsrecht zu, so werden im Wohnsitzstaat die ausländischen Einkünfte aus dem Tätigkeitsstaat regelmäßig von der Steuer freigestellt. Die Einkünfte werden in der Regel für die Bestimmung des Einkommensteuertarifs berücksichtigt (sog. Progressionsvorbehalt).

„Sonderfall“: Besteuerungsrecht des Sitzstaates des Arbeitgebers

Eine Sonderregelung enthält z. B. das deutsch-österreichische DBA. Das Besteuerungsrecht für die Vergütung von Geschäftsführern oder Vorstandsmitgliedern wird hierbei explizit dem Staat zugeordnet, in dem die Gesellschaft ansässig ist, welche die Vergütung trägt. Vergleichbare Regelungen sind z. B. auch in den DBA mit Belgien, Dänemark, Japan, Kanada, Niederlande und Polen zu finden.

Keine DBA zwischen den beteiligten Staaten

Sofern zwischen Ansässigkeits- und Tätigkeitsstaat kein DBA vereinbart ist, richtet sich die Besteuerung allein nach nationalem Steuerrecht.

In Deutschland gilt das sog. Welteinkünfteprinzip, d. h. alle, auch die im Ausland erzielten Einkünfte sind zu versteuern. Sofern im Ausland eine Besteuerung erfolgte, lässt sich Die Doppelbesteuerung allerdings durch eine Anrechnung der im Ausland gezahlten Steuern auf die inländische Steuerschuld vermeiden. Möglich ist die Anrechnung oder – auf Antrag – der Abzug ausländischer Steuern, jedoch begrenzt auf den tatsächlich gezahlten Betrag bis maximal zur Höhe der entsprechenden deutschen Steuerbelastung für die ausländischen Einkünfte. Im Ergebnis wird damit die Steuerbelastung auf das jeweils höhere Niveau angehoben. Der Steuerpflichtige muss somit eine höhere Steuerbelastung im Ausland tragen oder kann von einer niedrigeren Besteuerung im Ausland nicht profitieren, weil mindestens die deutsche Einkommensteuer zu zahlen ist. Zu beachten ist weiter, dass nicht alle Länder ein derartiges System zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in ihren Steuergesetzen verankert haben.

Teilweise DBA zwischen den beteiligten Staaten

Es können sich Konstellationen mit mehr als zwei Ländern ergeben, in denen nicht in allen Beziehungen DBA vorliegen. Für eine Steuerplanung ist dies der schwierigste Fall; insbesondere dann, wenn alle Staaten das Besteuerungsrecht für sich beanspruchen. DBA wirken immer nur bilateral, so dass in diesen Fällen eine echte Doppel- bzw. Mehrfachbesteuerung drohen kann. Deutschland hat zurzeit mit weniger als der Hälfte aller Staaten ein DBA abgeschlossen. Weiterhin ist in der Praxis der für eine Anrechnung erforderliche Nachweis der Zahlung der ausländischen Steuer mangels entsprechender Unterlagen je nach Staat schwierig.

Empfehlung: Bei allen Fallkonstellationen bestehen Möglichkeiten zur Optimierung der Steuerbelastung.

Hinsichtlich der 183-Tage-Klausel kann oft gezielt gesteuert werden, welchem Staat das Besteuerungsrecht zustehen wird. Dies kann dann sinnvoll sein, wenn der Einkommensteuertarif in den betreffenden Ländern voneinander abweicht. Der Aufenthalt ist nachzuweisen (z. B. durch Stundenprotokolle, Terminkalender, Reisekostenabrechnungen etc.). Auch der für die Bestimmung des Ansässigkeitsstaates ggf. erforderliche Nachweis der engen wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen bietet Auslegungs- und Gestaltungsspielräume.

Eine echte Doppel- oder Mehrfachbesteuerung lässt sich in der Regel durch eine vorausschauende Steuerplanung vermeiden. Hierzu ist jedoch eine dezidierte Kenntnis der jeweiligen DBA und der Besteuerungsregeln in den einzelnen Ländern erforderlich.

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