Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Unterliegt nicht verfallener Urlaub der regelmäßigen Verjährung?

In den vergangenen Jahren wurde bereits höchstrichterlich geklärt, dass der gesetzliche Mindesturlaub nur dann am Ende eines Jahres verfallen kann, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nachgekommen ist. Nunmehr hat das BAG dem EuGH die Frage vorgelegt, ob nicht verfallener Urlaub der regelmäßigen Verjährung unterliegt.

Sachverhalt

Die Klägerin war in der Zeit vom 1.11.1996 bis 31.7.2017 bei dem Beklagten beschäftigt. Der jährliche Urlaubsanspruch der Klägerin betrug 24 Arbeitstage. Am 1.3.2012 bescheinigte der Beklagte der Klägerin, dass der Resturlaubsanspruch der Klägerin in Höhe von 76 Tagen aus dem Jahr 2011 und den vorangegangenen Jahren nicht am 31.3.2012 verfalle, weil die Klägerin ihren Urlaub aufgrund des hohen Arbeitsaufwands nicht habe antreten können. Der Beklagte gewährte der Klägerin in den Jahren 2012 bis 2017 Urlaub an 95 Arbeitstagen. Im Februar 2018 machte die Klägerin die Abgeltung ihres Resturlaubsanspruchs von weiteren 101 Tagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren klageweise geltend. Der Beklagte erhob hiergegen die Einrede der Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB sei für die geltend gemachten Ansprüche bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelaufen.

Entscheidung der Vorinstanzen

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab der Klage teilweise statt und verurteilte den Beklagten zur Abgeltung von 76 Urlaubstagen aus den Jahren 2013 bis 2016. (Nur) diese 76 Urlaubstage konnte die Klägerin unstreitig nachweisen. Der Beklagte sei seinen Mitwirkungspflichten (Hinweis auf den Jahresurlaub sowie die Aufforderung, diesen wahrzunehmen) nicht nachgekommen. Die Urlaubsansprüche der Klägerin seien deshalb auch nicht verfallen. Der gesetzliche Urlaub könne nur dann zum Jahresende oder zum 31.3. des Folgejahres verfallen, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer aufgefordert habe, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen und darauf verwiesen hat, dass dieser anderenfalls am Ende eines Jahres verfalle. Weiterhin vertrat das Landesarbeitsgericht die Auffassung, dass sich der Arbeitgeber nicht auf Verjährung berufen könne, wenn dieser seinen Mitwirkungspflichten auch in den Folgejahren nicht nachkomme. 

Hiergegen legte der Beklagte Revision beim BAG ein. Dieses setzte die Entscheidung aus und legte dem EuGH die Frage, ob Urlaubsansprüche, die aufgrund unterlassener Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BurlG verfallen können, unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben zumindest verjähren können, zur Vorabentscheidung vor. Bis zur Entscheidung des EuGH ist das Revisionsverfahren beim BAG ausgesetzt. 

Schlussantrag des Generalanwalts des EuGH

In dem Schlussantrag des Vorabverfahrens ist der Generalanwalt des EuGH der Ansicht, dass die deutschen Verjährungsfristen gegen Unionsrecht verstoßen. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber der ihm obliegenden Hinweispflicht auf den zu nehmenden (gesetzlichen Mindest-) Urlaub nicht nachkommt. Erst mit dem Hinweis durch den Arbeitgeber erlangt der Arbeitnehmer Kenntnis von seinem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Mit dem Hinweis auf den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub beginnt dann die Verjährungsfrist zu laufen. 

Empfehlung: Bis zur abschließenden Entscheidung des EuGH empfiehlt sich rein vorsorglich ein Hinweis auf den jeweils noch zu nehmenden Jahresurlaub, verbunden mit der Aufforderung diesen Urlaub auch zu nehmen. Anderenfalls verfällt der Mindesturlaub weder zum Jahresende noch verjährt dieser innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von 
drei Jahren.

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang