Im März 2025 wurde im Rahmen des ViDA-Pakets beschlossen, dass künftig jede Sendung mit der IOSS-Nummer verknüpft werden muss – die praktische Anwendung dieser Regelung beginnt am 1. März 2028. Nun hat der Rat der EU am 13. Mai 2025 eine weitere wichtige Stufe beschlossen.
Was ändert sich konkret ab dem 1. Juli 2028:
- Nutzung des IOSS-Verfahrens wird attraktiver
- Onlinehändler, die Fernverkäufe bis € 150 nicht über eine elektronische Schnittstelle oder den IOSS abwickeln, werden ab Juli 2028 zum Steuerschuldner der Einfuhrmehrwertsteuer im Bestimmungsland.
- Eine Verlagerung der Steuerschuld auf den Erwerber ist zukünftig ausgeschlossen (Art. 201 MwStSystRL-E), was eine verpflichtende Registrierung in den entsprechenden Mitgliedstaaten nach sich zieht.
- Beauftragung eines Fiskalvertreters für im Drittland ansässige Onlinehändler
- Wer die Einfuhr weiterhin in den jeweiligen Mitgliedstaaten regulär anmelden möchte, wird gut beraten sein, einen Fiskalvertreter für die Deklarationspflichten zu beauftragen.
- Der Zoll wird Sendungen nämlich nur dann freigeben, wenn die Steuer ordnungsgemäß entrichtet wurde. Wird die Ware mangels Erfüllung der Deklarationspflichten zurückbehalten, darf der Erwerber die Steuer auf eigenen Wunsch selbst begleichen.
- Ende der „Special Arrangement“-Regelung
- Die bislang alternativ zum IOSS-Verfahren bestehende Möglichkeit, die Steuer über den Beförderer (z. B. Post- oder Expresskurierdienstleister) direkt vom Endkunden einziehen und entrichten zu lassen entfällt ersatzlos.
- Damit wird die Verantwortung spürbar auf Verkäufer und Plattformen übertragen.
Warum diese Reform jetzt?
Die Zahlen sprechen für sich: Allein 2024 flossen schätzungsweise 4,6 Mrd. einzelne Pakete aus Drittstaaten ins EU-Gebiet; im IOSS-System wurden 2023 rund € 26,3 Mrd. Einfuhrmehrwertsteuer deklariert; +35 % zum Vorjahr. Dennoch blieb ein gravierendes Schlupfloch für Betrug: Sendungen mit falschen IOSS-Nummern. Die Reform setzt hier an – in kleinen, kontrollierten Etappen: zuerst die technische Verknüpfung, jetzt die Incentivierung, danach folgt (erwartungsgemäß) die Abschaffung der € 150-Grenze und die Verpflichtung zum IOSS-Verfahren.
Konsequenzen für Onlinehändler:
Maßnahme | Folgen | Handlungsempfehlung |
IOSS-Nutzung | Zentrale Abwicklung, steuerfreie Einfuhr, Monatsmeldung | ✔️ Länderübergreifendes Reporting mit minimalem Aufwand |
Keine IOSS-Nutzung | Registrierungspflicht in jedem Zielmarkt, steuerliche Komplexität, höhere Kosten, Steuer im Voraus zu entrichten | ✖️ Prüfung der Wirtschaftlichkeit, ggf. Abbruch fragmentierter Märkte, Beauftragung eines Fiskalvertreters |
Fiskalvertreter | Abwicklung der Deklarationspflichten | ✔️ frühzeitige Beauftragung, um Lieferverzögerungen zu vermeiden |
Abschaffung der „Special Agreement“-Regelung | Zahlung durch Kunde möglich, treibt potenziell Kundenfrust, Retouren | ✖️ nur als absoluten Notnagel akzeptieren |
Handlungsempfehlung:
- Prüfen, ob Ihre Onlinekanäle und Schnittstellen bereits IOSS-kompatibel sind.
- Marktstrategien neu justieren: IOSS = weniger Aufwand, Registrierung in 27 Staaten = erheblich höherer organisatorischer Aufwand.
- Fiskalvertreter frühzeitig beauftragen, auch als Backup.
- Kommunikation mit Endkunden vorbereiten: Was passiert, wenn Sie nicht IOSS nutzen – und wie Sie Frust aufgrund Zurückbehalt der Ware vermeiden können.
Die EU setzt mit dem IOSS-Schritt 2 ein deutliches Zeichen: Steuer-Compliance wird zur faktischen Pflicht, nicht zur Option. Für Onlinehändler heißt das: Rechtzeitig handeln, digitale Prozesse aufsetzen, Lieferketten absichern – nur so bleibt der Zugang zum EU-Konsumentenmarkt reibungslos.