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Goodwill-Bewertung in Zeiten von Inflation und Zinswende

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Inflation und der gestiegenen Zinssätze gewinnt die Frage nach der Werthaltigkeit bilanzierter Geschäfts- oder Firmenwerte besondere Relevanz. So können diese Entwicklungen dazu führen, dass ein zuvor als werthaltig betrachteter Geschäfts- oder Firmenwert nun außerplanmäßig abgeschrieben werden muss.

Einführung

Ein bilanzierter Geschäfts- oder Firmenwert (oft auch als Goodwill bezeichnet) kann im Zuge des Erwerbs eines anderen Unternehmens entstehen und stellt einen immateriellen Wert dar, der nicht separat veräußert werden kann. Während das HGB für die Folgebilanzierung eines bilanzierten Geschäfts- oder Firmenwerts eine planmäßige Abschreibung vorsieht, ist nach IFRS eine jährliche Überprüfung („Impairment Test“) hinsichtlich des Abschreibungsbedarfs vorzunehmen. 

Hinweis: Eine außerplanmäßige Abschreibung auf den Goodwill ist erforderlich, wenn der Buchwert den beizulegenden Zeitwert (HGB) bzw. den erzielbaren Betrag (IFRS) übersteigt. 

Inflation und Zinsanstieg als Risikofaktoren für außerplanmäßige Abschreibungen

Die Prüfung der Werthaltigkeit ist aktuell aufgrund der anhaltenden Inflation sowie erhöhter Zinssätze von großer Bedeutung. Denn der beizulegende Zeitwert bzw. der erzielbare Betrag werden in der Praxis häufig ermittelt, indem die erwarteten zukünftigen Cashflows der zugrundeliegenden zahlungsmittelgenerierenden Einheit mit einem adäquaten Kapitalkostensatz diskontiert werden.

Geht man von einem solchen Bewertungskalkül und einer Nominalwertbetrachtung aus, führt die Berücksichtigung von Inflation in der Theorie grundsätzlich zu höheren zukünftigen Cashflows und wirkt – separat betrachtet – werterhöhend. Der Zinsanstieg hingegen führt zu höheren Kapitalkostensätzen und wirkt wertmindernd.

In der Praxis liegt der Planung zukünftiger Cashflows i.d.R. eine integrierte Planung zugrunde. Die Berücksichtigung der Inflation kann dazu führen, dass Preisanstiege in den erwarteten Aufwendungen berücksichtigt werden. Ob sich diese Preisanstiege vollumfänglich auch in den Umsatzerlösen niederschlagen, ist fraglich. Es können sich durchaus negative Auswirkungen auf die Margen und letztendlich auf die zu bewertenden Cashflows ergeben. Zudem sind die gesamtwirtschaftlichen Erwartungen bei einer anhaltend hohen Inflation und einem gleichzeitigen Zinsanstieg eher gedämpft und führen zusätzlich zu eher pessimistischen Planungen. Letztendlich sind die Auswirkungen auf die Prognose der erwarteten zukünftigen Cashflows abhängig von der Branche, dem Wettbewerbsumfeld und der Fähigkeit einzelner Unternehmen, sich schnell an wechselnde Rahmenbedingungen anzupassen.

Auf die Bewertung der Geschäfts- oder Firmenwerte haben neben der Inflation und den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen insbesondere die steigenden Kapitalkostensätze einen erheblichen Einfluss: So ist der Basiszinssatz von 0,1% zum 31.12.2021 auf 2,75% zum 31.12.2023 gestiegen. Dies impliziert eine Erhöhung der in dem Bewertungskalkül verwendeten Kapitalkostensätze und eine Minderung des Unternehmenswerts bzw. des Marktwerts des Eigenkapitals. Soweit der Marktwert des Fremdkapitals gleichbleibt, erhöht sich der Verschuldungsgrad.

Reduzierte Cashflow-Planungen sowie gestiegene Kapitalkostensätze können folglich dazu führen, dass der Buchwert des Geschäfts- oder Firmenwerts nicht mehr durch den beizulegenden Zeitwert bzw. den erzielbaren Betrag gedeckt ist und außerplanmäßige Abschreibungen erforderlich werden. 

Hinweis: Diese Abschreibungen mindern in der Folge das bilanzielle Eigenkapital und somit die Eigenkapitalquote der Unternehmen.

Fazit: Zwar bedarf es bei der Beurteilung der Werthaltigkeit bilanzierter Geschäfts- oder Firmenwerte einer Einzelfallanalyse. Die betrachteten Faktoren können aber grundsätzlich dazu führen, dass Geschäfts- oder Firmenwerte außerplanmäßig abzuschreiben sind. Insbesondere nach IFRS bilanzierende Unternehmen, bei denen der Goodwill nicht planmäßig abgeschrieben wird, haben hier ein erhöhtes Risiko. 

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