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Liquiditätshilfen in Anspruch nehmen oder Schutzschirmverfahren?

Eine große Anzahl von Unternehmen/Unternehmern ist von der Corona-Krise betroffen. Viele Unternehmen verzeichnen spätestens seit dem Shut-Down je nach Branche mehr oder weniger starke Umsatzeinbrüche und geraten dadurch in akute Liquiditätsprobleme.

Zwar hat der Staat durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflichten den unmittelbaren Druck von den Unternehmen genommen, bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit spätestens innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen zu müssen. Dies jedoch im Prinzip nur dann, wenn das Unternehmen begründete Aussichten hat, innerhalb einer überschaubaren Zeit die Zahlungsunfähigkeit z.B. durch Inanspruchnahme von Liquiditätshilfen aus dem KfW-Programm beseitigen zu können und die Insolvenz auf den Auswirkungen der Corona Pandemie beruht.

Die Praxis zeigt jedoch bereits nach einigen Tagen, dass es nicht wenige Fälle geben wird, in denen die Kreditanträge bei den Hausbanken auf geringe Entscheidungsfreude treffen (z.B. Karstadt/Kaufhof). Die Gründe hierfür sind zum einen in der fehlenden Möglichkeit zur Besicherung des Eigenhaftungsrisikos der Banken zu sehen. Andererseits stehen jedoch Unternehmen, die schon vor der Corona-Krise angeschlagen (wenn auch nicht antragspflichtig) waren, vor dem Problem, dass sie den Banken nicht glaubhaft machen können, dass die Fähigkeit zur Schuldentilgung in dem geforderten Umfang (i.d.R. 5 Jahre) gegeben ist.

In diesen Fällen wird sich zeigen, dass die Kreditentscheidungen zunächst verschleppt und dann schließlich negativ beschieden werden. Unternehmen, die erkennen, dass die Hausbanken nicht den notwendigen Willen zur Unterstützung und zur positiven Begleitung des Unternehmens durch die Krise erkennen lassen, sollten sich daher rechtzeitig, um einen Plan B kümmern, damit sie für den Tag der Kreditabsage gerüstet sind.

Die Unternehmen sollten daher prüfen, ob die Durchführung eines sogenannten Schutzschirmverfahrens ein gangbarer Weg aus der Krise sein kann. Das Insolvenzrecht stellt mit diesem Verfahren ein inzwischen bewährtes Instrumentarium zur Verfügung, um auch ohne die Aufnahme von weiterem Fremdkapital eine durchgreifende Sanierung des Unternehmens zu erreichen. Die Tatsache, dass von Insolvenzrisiken aktuell eine sehr große Anzahl von Unternehmen bedroht ist, dürfte tendenziell die bisher in Deutschland immer noch vorherrschende Stigmatisierung der Insolvenz deutlich reduzieren. Der Nachteil des Bekanntwerdens eines Insolvenzverfahrens dürfte aktuell nicht mehr unbedingt dazu führen, dass sich Kunden, Lieferanten und andere Beteiligte von dem Unternehmen abwenden. Im Gegenteil, das Unternehmen kann eher auf Verständnis und Unterstützung hoffen.

Ein Schutzschirmverfahren kann das schuldnerische Unternehmen beantragen, wenn der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit besteht und beabsichtigt ist, das Unternehmen durch einen Insolvenzplan zu sanieren. In diesem Fall wird vom Insolvenzgericht eine sogenannte Eigenverwaltung angeordnet und statt eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters ein sogenannter Sachwalter eingesetzt, dessen Befugnisse sich darauf beschränken, die Geschäftsführung bei der Durchführung des Insolvenzplanverfahrens zu überwachen, um gläubigerschädigende Handlungen, egal ob gezielt oder unabsichtlich, zu vermeiden.

Bei der Auswahl des Sachwalters hat das Unternehmen ein Vorschlagsrecht, es kann auch Einfluss nehmen auf die Besetzung des Gläubigerausschusses. Es ist aus der Erfahrung allerdings zu empfehlen, dass vor Antragstellung ein Insolvenzexperte in die Geschäftsführung eintritt, um dem Gericht die Sicherheit zu verschaffen, dass in der Geschäftsführung ausreichend Fachwissen zum Insolvenzverfahren, insbesondere zum Planverfahren vorhanden ist. Auch für die Vorbereitung des Insolvenzantrags sind detaillierte insolvenzrechtliche und verfahrensrechtliche Kenntnisse unabdingbar. So muss z.B. eine Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers vorgelegt werden, dass die Zahlungsunfähigkeit noch nicht eingetreten ist und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Nicht wenige Anträge scheitern gerade an diesem Punkt.

Ist hingegen die Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten, kann das Unternehmen alternativ zum „echten“ Schutzschirmverfahren, trotzdem einen Insolvenzantrag stellen, verbunden mit einem Antrag auf Eigenverwaltung. In diesem Fall entfallen allerdings die Rechte auf Mitbestimmung bei er Auswahl des Sachwalters, bzw. des Gläubigerausschusses. In der Praxis kann man jedoch auch hier durch Vorsprache beim Insolvenzgericht zumindest Einfluss nehmen.

Ein wesentlicher Vorteil des Schutzschirmverfahrens, neben der weiteren Verfügungsbefugnis der Geschäftsführung, ist die Möglichkeit für das Unternehmen für einen Zeitraum von drei Monaten Insolvenzgeld für die Mitarbeiter beantragen zu können. Im Gegensatz zum Kurzarbeitergeld erhalten die Mitarbeiter für drei Monate das volle Gehalt (bis zur Beitragsbemessungsgrenze) weitergezahlt, eventuelle tariflich geregelte Aufstockungspflichten für das Kurzarbeitergeld entfallen. Das Unternehmen gewinnt dadurch einen je nach Lohnsumme mehr oder weniger großen Handlungsspielraum, um die Sanierung anzugehen. Daneben bestehen auch steuerliche Vorteile, z.B. bei der Umsatzsteuer, die das Unternehmen in der Antragsphase nutzen kann.

Auch die Befreiung von Pensionslasten oder ungünstigen Mietverträgen kann auf diesem Weg erfolgreich und kostengünstig umgesetzt werden.

Der Insolvenzplan besteht aus drei Teilen, dem darstellenden Teil, dem gestaltenden Teil sowie den Plananlagen. Im darstellenden Teil werden die Sanierungsmaßnahmen umfassend beschrieben und in den Plananlagen die finanziellen Auswirkungen in einem integrierten Finanzplan dargestellt. Im gestaltenden Teil werden die für die Sanierung notwendigen rechtlichen Schritte dargestellt. Mit Annahme des Plans durch die Gläubiger und Rechtskraft des Plans treten die rechtlichen Folgen unmittelbar ein.

Nach Durchführung des Insolvenzplanverfahrens stellt sich das Unternehmen als nachhaltig entschuldet dar, statt, bei Inanspruchnahme von Staatshilfen, jahrelang die Corona-Schulden, die es selbst nicht zu verantworten hat, abbezahlen zu müssen.

Das Schutzschirmverfahren ist sicher aufgrund der umfangreichen Verfahrensvorschriften nicht die Lösung für alle Unternehmen, es sollte aber zumindest in das unternehmerische Kalkül bei der strategischen Bewältigung der Krise als Option miteinbezogen werden.

 

Weitere Informationen finden Sie hier:

Corona-Krise – Erste Hilfe von PKF

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