Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Privilegierung von Gesellschafterdarlehen in Zeiten der Corona-Krise

Aufgrund eingebrochener Umsätze besteht in vielen Unternehmen durch die Corona-Pandemie ein akuter Liquiditätsbedarf. Die angekündigten Soforthilfen des Staates sind oft nicht zeitnah verfügbar, da einerseits noch Unklarheiten bei den Banken über die Art und Weise der Auszahlungen bestehen und andererseits Personalengpässe die Bearbeitung der Vielzahl von Anträgen verzögern. Daher kann ein Gesellschafterdarlehen eine schnelle Handlungsoption darstellen.

Ein regelmäßig auftretendes Problem bei Gesellschafterdarlehen in der Krise besteht jedoch darin, dass deren Rückzahlungen an den Gesellschafter durch einen etwaig später eingesetzten Insolvenzverwalter der Anfechtung nach § 135  Insolvenzordnung (InsO) unterworfen und entsprechend zugunsten der Insolvenzmasse zurückgefordert werden können.

Das COVInsAG, Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, sieht nunmehr für neue Gesellschafterdarlehen in Zeiten der Corona-Krise eine zeitlich begrenzte Aussetzung der Anfechtbarkeit der Rückzahlung und eine verbesserte Rangstellung im Falle einer Insolvenzeröffnung vor. Durch diese Privilegierung soll den Gesellschaftern Anreiz gegeben werden, ihre Gesellschaft mit eigenen Mitteln in der Krise zu stützen. Bankenseitige Sanierungsdarlehen lassen sich durch die so demonstrierte Bereitschaft des Gesellschafters ebenfalls eher bzw. zu günstigeren Konditionen erzielen.

Grundsätzliche Anfechtungsproblematik von Gesellschafterdarlehen

Neben den allgemein gültigen Anfechtungsgründen aus der Insolvenzordnung besteht gemäß § 135 InsO - unter deutlich herabgesetzten Voraussetzungen - ein spezieller Anfechtungsgrund insbesondere für die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen. Gemäß § 135 InsO können Zahlungen angefochten werden, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens Befriedigung gewährt haben, wenn die Rückzahlungen im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder später vorgenommen worden sind. Im Falle einer späteren Insolvenz besteht für den Gesellschafter mithin ein erhebliches Rückzahlungsrisiko zugunsten der Insolvenzmasse. Dies mag einige Gesellschafter von einer solchen Außenfinanzierung abhalten.

Hinweis: Neben unmittelbaren Gesellschaftern werden auch mittelbare Gesellschafter und gesellschaftergleiche Dritte erfasst. Dies können beispielsweise nahestehende Personen sein, die der Gesellschaft ein Darlehen gewähren.

Rückzahlung von im Aussetzungszeitraum gegebenen Gesellschafterdarlehen bis zum 30.09.2023 nicht anfechtbar

Das COVInsAG ermöglicht den Gesellschaftern im Aussetzungszeitraum vom 01.03.2020 bis zum 30.09.2020 deutlich anfechtungssicherere (weitere) Gelder zur Unterstützung ihres Unternehmens darlehensweise zur Verfügung zu stellen. Bei Andauern der Corona-Krise kann der Aussetzungszeitraum ferner bis zum 31.03.2021 durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, ohne Zustimmung des Bundesrates, verlängert werden.

Die in diesem Zeitraum vergebenen neuen Gesellschafterdarlehen können bis zum 30.09.2023 zurückgezahlt werden, ohne dass die entsprechenden Rückzahlungen gem. § 135 InsO anfechtbar sind. Dies ist gleichzeitig eine Schwachstelle der Neuregelung. Vielen Unternehmen wird es nicht möglich sein, sämtliche Liquiditätshilfen bis zu diesem Datum (anfechtungsfest) zurück zu zahlen. Denn Banken, die jetzt Sanierungskredite ausreichen, könnten vom vorstehenden Privilegierungszeitraum inspiriert eine entsprechende kürzere Laufzeit für die Rückzahlung verlangen, damit Gesellschafter nicht privilegiert gegenüber den Banken Rückzahlungen erhalten.

Hinweis: Privilegiert werden nur „neue“ Darlehen. Es muss zusätzliche frische Liquidität zugeführt werden. Das bloße Nichtabziehen von bereits vorhandener Liquidität durch Novation oder Prolongation bereits gewährter Darlehen oder wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte sind nicht privilegiert.

Hinweis: Die Begünstigung gilt nicht für die Besicherungen privilegierter Gesellschafterdarlehen (z. B. Sicherungsabtretung von Forderungen).

Privilegierung der Gesellschafterdarlehen auch für noch nicht insolvenzreife Unternehmen

Die vorgenannten Regelungen des COVInsAG gelten ihrem Wortlaut nach zunächst nicht, wenn die Insolvenzreife eines Unternehmens bereits vor der Corona-Krise bzw. vor dem 31.12.2019 bestand oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Um eine nachhaltige Unterstützung der Wirtschaft und der Unternehmen auch durch die Gesellschafter selbst zu ermöglichen, gelten die diesbezüglichen Regelungen des COVInsAG in entsprechender Anwendung ausdrücklich auch für Unternehmen, die keiner Antragspflicht unterliegen (z. B. Einzelhandelskaufleute; Kommanditgesellschaften mit natürlichen Personen als Komplementär), sowie für Schuldner, die weder zahlungsunfähig noch überschuldet sind.

Keine Nachrangstellung der Forderungen aus Gesellschafterdarlehen im Insolvenzfall

Gesellschafterdarlehen haben im Normalfall eines Insolvenzverfahrens eine nachrangige Aussicht auf Befriedigung. Das bedeutet, dass Gesellschafter eines insolventen Unternehmens eine Quotenzahlung auf ihre Darlehensforderung erst erhalten, nachdem die Insolvenzgläubiger in vollem Umfang aus der vorhandenen Insolvenzmasse bedient wurden. Regelmäßig geht der darlehensgebende Gesellschafter somit leer aus.

Durch das COVInsAG werden die im Aussetzungszeitraum gegebenen Gesellschafterdarlehen in einem bis zum 30.09.2023 beantragten Insolvenzverfahren wie normale Insolvenzforderungen behandelt. Dies bedeutet, ein Gesellschafter eines später insolventen Unternehmens erhält, sofern es zu einer Ausschüttung im entsprechenden Insolvenzverfahren kommt, die gleiche Quote wie ein Insolvenzgläubiger auf seine Darlehensforderung.

 

Weitere Informationen finden Sie hier:

Corona-Krise – Erste Hilfe von PKF

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang