Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

„Tonnagesteuer“ – neue Rechtsprechung zur Auflösung von Unterschiedsbeträgen

Das Finanzgericht Hamburg („FG Hamburg“) hat mit Urteil vom 19.12.2017 (Az. 2 K 277/16) ein für die Praxis bedeutsames Urteil gefällt. Im Kern geht es um die Frage, wann Unterschiedsbeträge, die im Zusammenhang mit der Option zur Gewinnermittlung nach § 5a EStG gebildet wurden, im Rahmen eines Mitunternehmerwechsels aufzulösen sind.

In der vorstehenden Entscheidung vertritt das FG Hamburg die Ansicht, dass jedwede Übertragung eines Mitunternehmeranteils zur Auflösung der für die übertragende Person festgestellten Unterschiedsbeträge führt. Danach ist ein Unterschiedsbetrag entgegen der bisherigen Praxis, insbesondere auch im Zuge einer Schenkung oder eines Erbfalls, aufzulösen. Gleiches dürfte für Unternehmensumstrukturierungen unter Buchwertverknüpfung gelten (für Umwandlungen unter Aufdeckung stiller Reserven war schon bisher anerkannt, dass etwaige Unterschiedsbeträge aufzulösen sind). Das FG Hamburg begründet seine Entscheidung mit dem Wortlaut des § 5a Abs. 4 S. 3 Nr. 3 EStG sowie mit Verweis auf das Feststellungsverfahren für Unterschiedsbeträge gemäß § 5a Abs. 4 S. 1 EStG, das Unterschiedsbeträge jeweils einem bestimmten Mitunternehmer zuordnet.

Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil des FG Hamburg Revision vor dem Bundesfinanzhof eingelegt. Ziel der Revision ist es offenbar, diese Angelegenheit höchstrichterlich klären zu lassen. Bis dahin ist die Verwaltung grundsätzlich an ihren sog. Tonnagesteuererlass (Rz. 28) gebunden, wonach der Unterschiedsbetrag bei Übertragungen oder Einbringungen zu Buchwerten (z. B. § 6 Abs. 3 EStG und § 24 UmwStG) nicht aufzulösen ist.

Die wesentlichen Konsequenzen des Urteils des FG Hamburg für die Praxis möchten wir zusammenfassend wie folgt skizzieren:

  1. Derzeit ist die Finanzverwaltung an ihre offizielle Auffassung (Tonnagesteuererlass, Rz. 28) gebunden, wonach Unterschiedsbeträge in Erb- und Schenkungsfällen sowie bei Einbringungen zum Buchwert (§ 6 Abs. 3 EStG, § 24 UmwStG) nicht aufzulösen sind. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass die Verwaltung in Einzelfällen (insbesondere bei künstlichen Gestaltungen) eine vom Tonnagesteuererlass abweichende Auffassung vertreten wird. So oder so sind die Finanzgerichte nicht an den Tonnagesteuererlass gebunden.
  2. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof im laufenden Revisionsverfahren die Auffassung des FG Hamburg bestätigt. Die Praxis wird sich wohl darauf einstellen müssen, dass die Finanzverwaltung sich mit einer Änderung von Rz. 28 des Tonnagesteuererlasses im Sinne der Entscheidung des FG Hamburg befassen wird. Vorsorglich sollten entsprechende Übertragungen durch eine verbindliche Auskunft (§ 89 AO) rechtlich abgesichert werden. Ob die Finanzämter vor einer Entscheidung im anhängigen Revisionsverfahren eine verbindliche Auskunft erteilen, ist indes ungewiss.
  3. Sollte die Finanzverwaltung sich der Auffassung des FG Hamburg offiziell anschließen und bspw. den Tonnagesteuererlass in Rz. 28 entsprechend ändern, ist davon auszugehen, dass bereits vorgenommene Buchwertübertragungen (§ 6 Abs. 3 EStG, § 24 UmwStG) keinen Vertrauensschutz genießen bzw. eine Neuausrichtung der Verwaltung in dieser Frage mit Rückwirkung zulässig ist.
  4. Im Einzelfall ist zu analysieren, ob das Urteil des FG Hamburg eine Änderung bereits erlassener Steuerbescheide zugunsten der Schiffsgesellschaft und/oder der betroffenen Gesellschafter zulässt. Hier sind sowohl etwaige Auswirkungen auf die Gewerbesteuer als auch auf die Einkommensteuer der Gesellschafter zu beleuchten.

Empfehlungen in diesem Zusammenhang bedürfen einer sorgfältigen Analyse des Einzelfalls.

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang