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Vorgeschlagene Gesetzesänderungen im Bereich der Tonnagesteuer

Im Zuge der laufenden Beratungen über ein sog. „Jahressteuergesetz 2019“ haben die Ausschüsse des Bundesrats am 10.09.2019 Gesetzesänderungen im Bereich der Tonnagesteuer empfohlen. Damit soll die Rechtsprechung des BFH in zwei fiskalisch missliebigen Aspekten gesetzlich überschrieben werden. Zugleich könnte der Entwurf so verstanden werden, dass eine aktuell immer wieder von der Finanzverwaltung vertretene Gesetzesauslegung gesetzlich festgeschrieben werden soll. Aufgrund der im Einzelfall möglicherweise erheblichen Auswirkungen dieser Pläne informieren wir Sie schon jetzt über diese Vorschläge, obwohl hierüber erst am 20.09.2019 im Bundesrat beraten wird.

a)    Planmäßige Abschreibung nach dem Wechsel von der Tonnagesteuer zur herkömmlichen Gewinnermittlung

Bei einem Wechsel von der Tonnagegewinnermittlung zur herkömmlichen Gewinnermittlung sind alle dem Schiffsbetrieb unmittelbar dienenden Wirtschaftsgüter mit ihrem Teilwert anzusetzen. Hierzu hatte der BFH (Urteil vom 25.10.2018, IV R 35/16) entschieden, dass dieser Wechsel steuerlich wie eine Einlage zu behandeln sei. Daraus folge, dass für die AfA-Bemessungsgrundlage nicht auf die bisherigen Anschaffungs-/Herstellungskosten abzustellen sei, sondern auf die Teilwerte. Im Ergebnis sind somit nach Auffassung des BFH etwaige, während der Tonnagesteuer angesammelten stillen Reserven steuerwirksam abzuschreiben, während sie sich nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht im Rahmen der planmäßigen Abschreibungen auswirken sollten.

Nunmehr soll nach Auffassung der Bundesratsausschüsse im Gesetz verankert werden, dass die Abschreibung des abnutzbaren Anlagevermögens die AfA unverändert nach den ursprünglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten zu bemessen ist. Diese Neuregelung soll erstmals für Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31.12.2018 beginnen.

Wenngleich von dem Vorschlag alle genannten Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens erfasst werden sollen, wird der praktisch häufigste Anwendungsbereich das Seeschiff betreffen. Es gilt:

  • Sind im Wechselzeitpunkt stille Reserven in dem Seeschiff vorhanden, so wird nach dem Wechsel der sich aus dem Zwang zum Teilwertansatz ergebende „Aufstockungsbetrag“ nicht mehr im Wege der AfA abgesetzt werden können, sondern erst beim Verkauf des Schiffes. Außerplanmäßige Abschreibungen (z. B. Teilwertabschreibungen) sind im Grundsatz weiter zulässig.
  • Für den umgekehrten Fall stiller Lasten kann die Fortführung der Abschreibung nach den ursprünglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten nach dem Wortlaut ggf. sogar zu negativen Buchwerten führen. Die Empfehlung der Ausschüsse erscheint insoweit noch nicht ausgereift.

Im Hinblick auf die beabsichtigte Regelung zur Erstanwendung ist zu beachten, dass die Neufassung nicht nach dem Wechselzeitpunkt differenziert, sodass die Regelung ihrem Wortlaut nach ab dem Jahr 2019 auch für Fälle gelten soll, die z. B. schon vor Jahren von der Tonnagesteuer zur bilanziellen Gewinnermittlung gewechselt haben.

b)    Keine gewerbesteuerliche 80 %-Kürzung auf die Auflösung des Unterschiedsbetrags

Entgegen seiner vorherigen Auffassung hatte der BFH erst jüngst entschieden, dass der Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags auch während der Tonnagesteuer nur zu 20 % der Gewerbesteuer unterliegt.

Dieser neuen Rechtsprechung soll nun nach dem Willen der Bundesratsausschüsse der Boden entzogen werden, indem ausdrücklich der nach den Regeln des Tonnagesteuerregimes ermittelte einkommensteuerliche Gewinn einschließlich der Hinzurechnungen aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags als Gewerbeertrag fingiert wird. Diese Regelung soll nach der vorliegenden Empfehlung rückwirkend ab dem Erhebungszeitraum 2008 anzuwenden sein.

Sollte diese Empfehlung wie vorgeschlagen umgesetzt werden, würde sich dies massiv auf viele laufende Schifffahrtsaktivitäten auswirken. In Bezug auf bereits vor 2019 aufgelöste Unterschiedsbeträge (z. B. bei Schiffsverkäufen in den Vorjahren) wäre nach unserer Einschätzung die Verfassungskonformität der vorgesehenen Rückwirkung sehr zweifelhaft; Einwendungen gegen entsprechende Steuerbescheide müssten nach dem Inkrafttreten des geplanten Gesetzes jedoch im Wege des Rechtsbehelfs geltend gemacht werden. Sollten diese Rechtsbehelfe verloren werden, würden Sie bei einer Auflösung des Unterschiedsbetrags in den Vorjahren nicht mehr von der aktuellen, in den meisten Fällen günstigen Rechtsauslegung des BFH profitieren können.

c)    Gewerbesteuerpflicht der Sonderbetriebsergebnisse vor Infahrtsetzung und nach Verkauf?

Bis vor kurzem war es in der Praxis gang und gäbe, dass Sonderbetriebsergebnisse aus der Zeit vor Infahrtsetzung und nach Veräußerung des Schiffs nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Denn bei der typischen Einschiff-KG beginnt die Gewerbesteuerpflicht mit Infahrtsetzung und sie endet mit der Übergabe des Schiffs nach Verkauf. Seit einiger Zeit vertritt die Finanzverwaltung dagegen mitunter die Auffassung, in der Tonnagesteuer gelte diese Regelung nicht: Vielmehr seien zumindest im Jahr der Infahrtsetzung Sondervergütungen auch vor Infahrtsetzung gewerbesteuerpflichtig, und dasselbe gelte für das Jahr des Verkaufs auch für Sondervergütungen nach der Übergabe des Schiffs.

Wenngleich in den Ausschussempfehlungen dies nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist nicht ausgeschlossen, dass die oben unter Buchst. b) skizzierten Änderung auch die Gewerbesteuerpflicht der Sonderbetriebsvergütungen außerhalb der Betriebszeit des Seeschiffs der Gewerbesteuer sicherstellen sollen. Auch insoweit soll die Neufassung rückwirkend ab dem Erhebungszeitraum 2008 anzuwenden sein.

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