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Wichtige Änderungen im Preisrecht ab 1. April 2022

Die zentrale preisrechtliche Verordnung PR Nr. 53/30 (im folgenden kurz VO) über die Preise bei öffentlichen Aufträgen ist in mehreren Punkten geändert worden und tritt in ihrer geänderten Form am 01.04.2022 in Kraft.

Sie enthält die wesentlichen Festlegungen des öffentlichen Preisrechts, welches zwingend für alle öffentlichen Aufträge gilt, die von Auftraggebern im Sinne des Preisrechts erteilt werden. Dies sind alle Aufträge des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie Anstalten und Zweckverbände.

Im Unterschied zum Vergaberecht gilt das Preisrecht allerdings nur für die genannten originär öffentlichen Auftraggeber, also insbesondere nicht für Kapital- und Personengesellschaften, bei denen öffentliche Stellen Gesellschafter sind wie kommunale oder staatliche Eigengesellschaften. Bei Aufträgen originär öffentlicher Auftraggeber ist zwar Vergaberecht zu beachten. Der nach Vergaberecht zustande gekommene Preis steht allerdings unter dem Vorbehalt des Preisrechts. Auftragnehmer sollten sich darüber im Klaren sein, dass das Preisrecht in diesen Fällen auch zwingend neben dem Vergaberecht gilt, also nicht davon abhängig ist, ob der Auftraggeber es vereinbart oder über seine Geltung informiert hat.

Insbesondere zielt das Preisrecht auf die bei solchen Aufträgen vereinbarten Preise. Die Verordnung und die auf ihrer Grundlage erlassenen Leitsätze Selbstkostenpreise (LSP) stellen den Regelungsrahmen dar, nach dem der Höchstpreis bestimmt wird, der bei Auftragserteilung nicht überschritten, durchaus aber unterschritten werden darf.

Änderungen der Verordnung

Preise aufgrund von Vergabeverfahren

In § 4 VO wurde ergänzend geregelt, dass neben Preisen auf dem „allgemeinen Markt“ nunmehr auch Preise, die auf einem „besonderen Markt“ entstehen, als marktgängig anzusehen sind.

Dies ist vor allem von Bedeutung für die Preise bei Ausschreibungen und Vergabeverfahren, also auf einem extra hierfür geschaffenen Markt (besonderen Markt). Bei derartigen Preisen wird in Zukunft per Verordnung (§ 4 Abs. 4 VO) vermutet, dass sie verkehrsüblich sind, wenn es innerhalb des Vergabeverfahrens zu einem tatsächlichen Wettbewerb gekommen ist. Hierfür ist wesentliche Voraussetzung, dass mindestens zwei geeignete Angebote abgegeben wurden.

Die letzte Entscheidung über die Verkehrsüblichkeit obliegt zwar nach wie vor den Preisprüfungsbehörden. Durch die neue Vermutungsregel, die widerlegbar ist, dürfte allerdings in vielen Fällen von Marktpreisen auszugehen sein. Da die Preisprüfungsbehörden zudem zur Ermessensausübung verpflichtet werden (§ 9 Abs. 3 VO), darf erwartet werden, dass bei Vergabeverfahren tendenziell weniger Preisprüfungsverfahren eingeleitet werden.

Regelungen zur Preisprüfung

Die Einhaltung der preisrechtlichen Vorschriften kann von der zuständigen Preisprüfungsbehörde überprüft werden. Der Auftragnehmer hat das Zustandekommen des vereinbarten Preises dann nachzuweisen (§ 9 VO). Anders als bisher sind die hierfür vom Auftragnehmer aufzubewahrenden Unterlagen nicht nur fünf, sondern nunmehr zehn Jahre zu verwahren. Eine erhebliche Ausweitung der Prüfungskompetenzen bringt die Möglichkeit nach § 9 Abs. 5 VO mit sich. Danach erhält die Preisprüfung die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen (Nichtvorlage erforderlicher Unterlagen durch das Unternehmen) die Kosten des Auftragnehmers zu schätzen und dabei Sicherheitsabschläge vornehmen zu können. Derartige Befugnisse standen der Preisprüfungsbehörde bisher nicht zu Gebote.

Zwar konnten auch früher schon Annahmen zur Angemessenheit von Preisen und Kosten getroffen werden, reine Schätzungen, auch ohne eine nachvollziehbare Basis aufgrund von Unterlagen waren bisher allerdings nicht statthaft. In der Fachpresse wird diese Ausweitung der Befugnisse durchgängig als zu weitgehend kritisiert, da Aufgabe des Preisrechts immer noch die möglichst zutreffende Ermittlung des Höchstpreises ist. Anders als bei der Finanzverwaltung ist die Betonung fiskalischer Interessen, die im Steuerrecht berechtigt sein mag, nach dem preisrechtlichen Gedanken der möglichst zu treffenden Ermittlung des Höchstpreises hier fehl am Platze.

Änderung der Leitsätze Selbstkostenpreise (LSP)

Neben der Verordnung sind auch die Leitsätze, die die Einzelheiten der Preisermittlung regeln, in einigen Punkten angepasst worden.

Für die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals galt bisher (Nr. 44 LSP), dass Anzahlungen und Vorauszahlungen öffentlicher Auftraggeber abzusetzen waren. Diese Regel wird nunmehr auf sämtliche Anzahlungen und Vorauszahlungen ausgeweitet, was zu einer Reduzierung der kalkulatorischen Verzinsung führen wird.

Wie schon bisher in der Praxis gehandhabt, wird nunmehr (Nr. 52 LSP) klargestellt, dass ein kalkulatorischer Gewinn auch dann mit in die Berechnung einzubeziehen ist, wenn dieser von den Vertragsparteien nicht oder nicht ausdrücklich bestimmt ist.

Noch keine definitive Änderung ist bezüglich des Höchstsatzes der kalkulatorischen Zinsen in Kraft gesetzt worden. Nach wie vor gilt die aufgrund einer Verordnung (VO PR 4/72) aus dem Jahre 1972 festgesetzte Höchstgrenze von 6,5 % Verzinsung auf das betriebsnotwendige Kapital. Hier war schon bisher eine Überprüfung und die wahrscheinliche Reduzierung auf 1,0 % diskutiert worden, die allerdings noch nicht umgesetzt worden ist. Der Bundesrat hat die Bundesregierung allerdings aufgefordert, den Satz dringend zu überprüfen. Es wird daher in absehbarer Zeit mit einer entsprechenden Anpassung zu rechnen sein. Da die Verordnung unverändert Geltung hat, dürften Vereinbarungen dieses Satzes allerdings aktuell nach wie vor preisrechtlich zulässig sein.

 

Die Dokumente sind hier abrufbar (VO und LSP ab 01.04.2022 in reformierter Fassung):

ÄnderungsVO: Bundesgesetzblatt (bgbl.de)

VOPR 30/53: PreisV 30/53 - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis (gesetze-im-internet.de)

LSP-Grundsätze: PreisLS - Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (Anlage zur Verordnung PR Nr. 30/53 vom 21. November 1953) (gesetze-im-internet.de)

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