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Weiterer Aspekt zur Neufassung des Personengesellschaftsrechts: Gesellschaftsrecht für die freien Berufe

Nicht mit großem Paukenschlag, sondern eher zurückhaltend wird im Referentenentwurf (Blogbeitrag vom 09.12.2020) für ein „Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) ein wichtiger Aspekt im Recht der freien Berufe geregelt: Diese können sich möglicherweise demnächst auch als Offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG) oder Kommanditgesellschaft mit einer GmbH als persönlich haftendem Gesellschafter (GmbH & Co. KG) zusammenschließen. Vor allem die letztgenannte Rechtsform dürfte interessant sein, ermöglicht sie doch den Zusammenschluss als Personengesellschaft ohne persönliche Haftung eines Berufsträgers.

Die Reform kommt eher diskret als Änderung von § 107 HGB und verschiedener anderer Gesetze des Handelsgesetzbuchs daher: Nach dem zukünftigen § 107 Abs. 1 Satz 2 kann als Offene Handelsgesellschaft auch eine Gesellschaft im Handelsregister eingetragen werden, deren Zweck die gemeinsame Ausübung freier Berufe durch ihre Gesellschafter ist, soweit das anwendbare Berufsrecht die Eintragung zulässt. § 106 Abs. 3 n. F. regelt zudem den sog. Statuswechsel einer bereits im Partnerschaftsregister eingetragenen Gesellschaft. Diese Regelungen finden über § 162 Abs. 2 n. F. HGB auch „entsprechende“ Anwendung, wenn die Berufsträger ihren Beruf in einer Kommanditgesellschaft oder eben als Variante hiervon in einer GmbH & Co. KG ausüben wollen.

Letzteres ist vor allem deswegen interessant, weil es eine weitreichende Haftungsbeschränkung zulässt. Diese geht sogar weiter, als es beim „Klassiker“ für die Ausübung freier Berufe, der Partnerschaftsgesellschaft, möglich ist. Denn die Partnerschaftsgesellschaft ist bekanntlich eigentlich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, d. h. alle Gesellschafter (Partner) haften im Grundsatz persönlich als Gesamtschuldner. Aber anders als bei der GbR ist dort unter bestimmten Voraussetzungen die persönliche Haftung für berufliche Fehler ausgeschlossen bzw. beschränkt. Salopp gesagt: Keine persönliche Haftung für Kunstfehler, wohl aber persönliche Haftung für die Mietschulden der Praxis.

Anders ist dies in der GmbH & Co. KG: Dort haftet mit seinem persönlichen Vermögen nur der Komplementär, also die GmbH, somit der Gesellschafter, der seinerseits auf die Haftung des Gesellschaftsvermögens beschränkt ist. Dies gilt unabhängig davon, wofür gehaftet wird, ob sich die Haftung also aus beruflichen Fehlern oder anderen Gründen ergibt. Sind alle Berufsträger, die sich in der Rechtsform der GmbH & Co. KG zusammenschließen, Kommanditisten, haftet keiner von ihnen mit seinem persönlichen Vermögen für irgendwelche Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit oder aus Anlass der Ausübung beruflicher Tätigkeit entstehen.

Für Jubel ist es aber noch ein bisschen früh: Zum einen handelt es sich ja beim Reformvorschlag insgesamt bislang nur um einen Entwurf des BMJ, der im langwierigen Gesetzgebungsverfahren vermutlich noch Anpassungen erfahren wird. Zum anderen und vor allem handelt es sich bei dem Reformvorschlag in Bezug auf Gesellschaften zur Ausübung freier Berufe ja nur um eine Öffnungsklausel, die zwar etwaige Hindernisse nach dem HGB aus dem Weg räumt, aber selbst noch keine neue berufsständische Rechtsform ermöglicht bzw. schafft. Eine echte Innovation gibt es nach dem Wortlaut des Reformvorschlags eben nur, „soweit das jeweilige anwendbare Berufsrecht“ dies zulässt.

Das bedeutet für Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Architekten usw.: Jede Berufsgruppe „macht ihr eigenes Ding“ - denn jedes Berufsrecht muss selbst für sich die Rechtsformen benennen, die seine Berufsträger wählen dürfen. Und rechtlich sind im Moment noch zahlreiche Fragen offen, die demnächst erst einmal im jeweiligen Berufsrecht diskutiert und gelöst werden müssen: So zum Beispiel die Fragen des notwendigen Versicherungsschutzes der Gesellschaft, einer möglicherweise erforderlichen Mindestkapitalisierung sowie wer eigentlich Gesellschafter sein kann (Stichwort: keine reine Kapitalbeteiligung von Nichtberufsträgern).

Fazit: Jedenfalls am ehrwürdigen Handelsgesetzbuch wird es wohl demnächst nicht mehr liegen, wenn sich die Berufsträger nicht in der Rechtsform einer umfänglich haftungsbeschränkten Personengesellschaft zusammenfinden können. Alles Weitere müssen dann demnächst zunächst einmal die Selbstverwaltungskörperschaften der freien Berufe mit dem Gesetzgeber klären.

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